Sechs erfahrene Chirurgen bestimmten für jeden humanen Oberschenkelknochen in der Studie die Implantat –Größe welche sie einsetzen würden. Die mittlere gewählte Größe wurde als Referenzgröße definiert. Implantiert wurden dann jedoch sechs geringfügig unterdimensionierte und sechs geringfügig überdimensionierte Implantate (Corail, Depuy Synthes) im Vergleich zu zwölf Referenzgrößen. Als Indikator für eine Frakturgefahr wurde die Dehnung der Kortikalis (der äußeren Schicht des Knochens) mittels eins hochauflösenden 3D-Kamerasystems zur punktbasierten digitalen Bildkorrelation gemessen (Aramis, Zeiss). Danach wurden die Knochen mit den Implantaten im Laborversuch einer dynamischen physiologischen Belastung ausgesetzt und neben der Dehnung der Kortikalis die Relativbewegung zwischen Implantat und Knochen bestimmt, welche für das Einwachsverhalten wichtig ist. Am Ende wurde die Verbindungsfestigkeit zwischen Implantat und Knochen ermittelt (Bionix, MTS).
Die gewählten Schaftgrößen variierten zwischen den Chirurgen um plus-minus eine Größe. Unterdimensionierte Schäfte zeigten eine dreimal größere Schaftabsenkung als überdimensionierte oder Schäfte in Referenzgröße. Überdimensionierte Schäfte wiesen im Vergleich zu Referenz- und unterdimensionierten Größen eine um 50 % höhere Verbindungsfestigkeit auf - bei gleichzeitig um das 2,4 fache erhöhter Dehnung der Kortikalis.
Ärzte sollten sich bewusst sein, dass bereits sehr geringe Abweichungen von der idealen Schaftgröße deutliche mechanische Konsequenzen haben können. Es droht einerseits bei geringer Unterdimensionierung des Implantats eine verminderte Primärstabilität oder bei Überdimensionierung eine überhöhte Belastung des Knochens. Umfangreiche präoperative Planungen anhand von 3D-CT-Daten bergen das Potential, diese Variationen zu verringern.
Im Folgenden konnte ebenso gezeigt werden, dass leichte Abweichungen bei der Implantatpositionierung ebenfalls deutliche Konsequenzen mit sich bringen [3].
Ansprechpartner:
Gerd Huber, Biomechanik, TUHH, Denickestraße 15, 21073 Hamburg; g.huber@tuhh.de
[1] Konow et al., 2021, 10.1302/0301-620X.103B4.BJJ-2020-1046.R2
[2] Konow et al., 2022, 10.1016/j.artd.2021.10.005
[3] Konow et al., 2023, /10.1002/jor.25729