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Beeinflusst eine geringe chirurgische Variabilität das Ergebnis der Implantation von künstlichen Hüftgelenken?

von: Tobias Konow, Frank Lampe, Michael M. Morlock, Benjamin Ondruschka, Gerd Huber

Die zementfreie Implantation von künstlichen Hüftgelenken ist ein etabliertes Standardverfahren in der Orthopädie mit hervorragendem klinischem Erfolg. Hierbei werden die Oberschenkelimplantate mittels Presspassung im Oberschenkelknochen verankert. In seltenen Fällen treten jedoch Komplikationen wie lockere Implantate und Frakturen in der Nähe der Prothese auf. Diese haben für die Betroffenen und durch die absolut hohe Zahl von Implantationen auch für die ganze Gesellschaft eine hohe Relevanz. Das Institut für Biomechanik der Technischen Universität Hamburg, die Asklepios Klinik in Barmbek, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sowie der Implantathersteller DePuy Synthes arbeiten daran die Implantation von künstlichen Hüftgelenken noch sicherer zu machen.

Analysen der Daten des Endoprothesenregisters Deutschland zeigen, dass die Komplikationsrate mit steigender Erfahrung des chirurgischen Fachpersonals sinkt [1]. Neue technologische Verfahren könnten eine Möglichkeit sein um die Variationen bei Eingriffen zu reduzieren. So wird in einigen Kliniken das Prothesenbett bereits durch Roboter gefräst oder der traditionelle Implantationshammer durch automatisierte Implantationsgeräte ersetzt. Doch auch dann können Variationen entstehen, weil selbst erfahrenes chirurgisches Fachpersonal aufgrund verschiedener chirurgischer Philosophien z. B. unterschiedliche Schaftgrößen wählen [2].

Diese Studie zielte darauf ab, die Unterschiede in der mechanischen Belastung des Oberschenkelknochens aufgrund von geringen Variationen zu ermitteln und hinsichtlich einer potentiellen Frakturgefahr zu analysieren.

Sechs erfahrene Chirurgen bestimmten für jeden humanen Oberschenkelknochen in der Studie die Implantat –Größe welche sie einsetzen würden. Die mittlere gewählte Größe wurde als Referenzgröße definiert. Implantiert wurden dann jedoch sechs geringfügig unterdimensionierte und sechs geringfügig überdimensionierte Implantate (Corail, Depuy Synthes) im Vergleich zu zwölf Referenzgrößen. Als Indikator für eine Frakturgefahr wurde die Dehnung der Kortikalis (der äußeren Schicht des Knochens) mittels eins hochauflösenden 3D-Kamerasystems zur punktbasierten digitalen Bildkorrelation gemessen (Aramis, Zeiss). Danach wurden die Knochen mit den Implantaten im Laborversuch einer dynamischen physiologischen Belastung ausgesetzt und neben der Dehnung der Kortikalis die Relativbewegung zwischen Implantat und Knochen bestimmt, welche für das Einwachsverhalten wichtig ist. Am Ende wurde die Verbindungsfestigkeit zwischen Implantat und Knochen ermittelt (Bionix, MTS).

Die gewählten Schaftgrößen variierten zwischen den Chirurgen um plus-minus eine Größe. Unterdimensionierte Schäfte zeigten eine dreimal größere Schaftabsenkung als überdimensionierte oder Schäfte in Referenzgröße. Überdimensionierte Schäfte wiesen im Vergleich zu Referenz- und unterdimensionierten Größen eine um 50 % höhere Verbindungsfestigkeit auf - bei gleichzeitig um das 2,4 fache erhöhter Dehnung der Kortikalis.

Ärzte sollten sich bewusst sein, dass bereits sehr geringe Abweichungen von der idealen Schaftgröße deutliche mechanische Konsequenzen haben können. Es droht einerseits bei geringer Unterdimensionierung des Implantats eine verminderte Primärstabilität oder bei Überdimensionierung eine überhöhte Belastung des Knochens. Umfangreiche präoperative Planungen anhand von 3D-CT-Daten bergen das Potential, diese Variationen zu verringern.

Im Folgenden konnte ebenso gezeigt werden, dass leichte Abweichungen bei der Implantatpositionierung ebenfalls deutliche Konsequenzen mit sich bringen [3].

Ansprechpartner:

Gerd Huber, Biomechanik, TUHH, Denickestraße 15, 21073 Hamburg; g.huber@tuhh.de

 

[1] Konow et al., 2021, 10.1302/0301-620X.103B4.BJJ-2020-1046.R2

[2] Konow et al., 2022, 10.1016/j.artd.2021.10.005

[3] Konow et al., 2023, /10.1002/jor.25729