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Exzellenzprojekt „BlueMat“: Revolution durch Wasser

Exzellenzprojekt BlueMat Grafik
© TU Hamburg/Martin Künsting

Materialien, die wie ein Chamäleon ihre Farbe ändern oder smarte Fenster, die nur bestimmte Sonnenstrahlen durchlassen - das könnte durch den gezielten Einsatz von Wasser im Projekt „BlueMat: Water-Driven Materials“ der Technischen Universität Hamburg Wirklichkeit werden. In dem Exzellenzcluster, mit dem sich die Universität nun erstmalig um eine Förderung im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes bewerben darf, soll an Materialien geforscht werden, die von der Natur inspiriert sind und durch Wechselwirkung oder Kontakt mit Wasser ganz neue Eigenschaften entwickeln.

Die Vorarbeit dafür stammt aus dem Sonderforschungsbereich 986 „Maßgeschneiderte Multiskalige Materialsysteme“ (Laufzeit 2012-2024). Auch hier wurde bereits an von der Natur inspirierten Materialien geforscht, erklärt „BlueMat“-Sprecher und Professor für Material- und Röntgenphysik Patrick Huber: „In den letzten 30 Jahren haben wir als Forschende immer mehr verstanden, wie es die Natur schafft, mit relativ einfachen Elementen hochrobuste Stoffe und Materialien herzustellen, die viele Funktionen erfüllen.“ Ein Beispiel: Zähne. „Diese erreichen eine ungeahnte Härte“, sagt Huber. Materialien wie einen Zahn künstlich herzustellen war Aufgabe des Sonderforschungsbereichs.

Smarte Fenster könnten Temperaturen in Gebäuden regulieren

„Diese Vorarbeit hat die TU Hamburg sehr gut für unser aktuelles Vorhaben „BlueMat“ aufgestellt“, sagt Huber. Die Neuerung im Exzellenzprojekt? „Wir designen die Materialien so, dass sie auf Wasser reagieren.“ So etwa künstlich gezüchtete Silizium-Kristalle. Die Oberfläche des Materials erscheint farbig, weil sie einfallendes Licht auf eine bestimmte Art und Weise zurückwirft wie ein Spiegel – beispielsweise in Rot. Auch in der Natur finden sich solche Prozesse: Chamäleons, in deren Hautzellen es winzige Kristalltypen gibt, kontrollieren auf ähnliche Weise ihre Farbe. Durch das Einführen von Wasser kann die Farbe des gezüchteten Siliziums beispielsweise in Blau verändert werden. Ein Vorteil an dieser Technik: Die Möglichkeit, Materialien durch Wasser zu färben, würde den Einsatz von Farbpigmenten überflüssig machen, die ungesunde Stoffe enthalten können.

Im Bereich der Architektur können „Water-Driven Materials“ zum Beispiel für smarte Fenster eingesetzt werden, die den Wärmehaushalt in Gebäuden steuern. Dafür würde in die Oberfläche des Fensters Wasser integriert werden. Wenn Sonnenlicht auf dieses Wasser im Fenster trifft und es verdampft, sollen je nach Intensität am frühen Morgen oder späten Nachmittag, im Sommer oder Winter, nur bestimmte Strahlen gefiltert und durchgelassen werden. So könnte perspektivisch der Einsatz von Klimaanlangen reduziert werden, weil die Temperatur durch die smarten Fenster reguliert wird.

"Wir arbeiten an der nächsten industriellen Revolution"

Auch Glas-Displays könnte man bauen, in deren Oberfläche wie bei den smarten Fenstern Wasser verwendet wird. Auf diesen Displays könnte man mit einem Infrarotlaser „schreiben“: Wenn durch den Laser Wasser verdampft, wird an diesen Stellen die Schrift auf dem Display sichtbar.

Nicht zuletzt könnte die Forschung des TU-Exzellenzclusters im Bereich der Hydrovoltaik Anwendung finden. Ähnlich dem Prinzip der Photovoltaik, die mithilfe von Sonnenlicht Energie produziert, wird hier mit Wasser gearbeitet. Wenn eine Struktur feucht wird und dann wieder trocknet, wie das etwa bei Ebbe und Flut geschieht, wird bei der Verdampfung der Wassermoleküle Energie gewonnen, mit der zum Beispiel Batterien geladen werden könnten. „Der große Vorteil daran ist“, erklärt Huber: „Wenn kein Sonnenlicht da ist, funktioniert die Photovoltaik nicht. Wenn kein Wind weht, kann man keine Windenergie nutzen. Ebbe und Flut wird es aber immer geben, Hydrovoltaik kann man daher durchgehend nutzen.“

Der TU-Wissenschaftler hat bereits vor 15 Jahren angefangen, zum Thema Wasser zu forschen und ist von dem Element nach wie vor fasziniert: „Bereits im 18. Jahrhundert spielte Wasser in der ersten industriellen Revolution eine große Rolle, als es in Maschinen wie Dampfloks eingesetzt wurde. Jetzt arbeiten wir sozusagen an der nächsten industriellen Revolution, in der Wasser in Materialien eingesetzt wird.“

Foto: C. Schmid

Hochschulübergreifende Zusammenarbeit

Für das mögliche Exzellenzcluster tut sich die TU mit mehreren Hamburger Partnerinstitutionen in Arbeitsgruppen zusammen. An der TU Hamburg werden Materialien hergestellt und angewendet. Am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) werden diese Materialien mit Röntgenmethoden analysiert und zum Beispiel geschaut, wie sich das Wasser durch dünne Hohlräume (Kapillaren) im Material bewegt. Am Max-Planck-Institut und der Helmut-Schmidt-Universität wird an Form und Beschaffenheit, also an der Modellierung, gearbeitet. Über die Hochschule für bildende Künste sollen die wasserbasierten Materialien auch in modernen Kunstinstallationen eingesetzt werden.

Weitere Informationen

Mehr erfahren Sie auf der Projekt-Website.