Neue Materialien für weiche und nachhaltige Elektronik

Stiftungsprofessorin für Angewandte Polymerphysik hält Antrittsvorlesung

„Wir sind Material Maker“, sagt die Chemikerin Franziska Lissel über ihre Arbeitsgruppe. Sie ist seit einem Jahr neue Juniorprofessorin für Angewandte Polymerphysik an der Technischen Universität Hamburg, gefördert von der Ingeborg-Gross-Stiftung. Bereits vier Doktorand*innen arbeiten mit ihr im Bereich der Grundlagenforschung für elektronisch funktionale Materialien. Das bedeutet beispielsweise: Neue Polymere zu entwickeln, die elektronisch leitfähig, zugleich aber auch weich und dehnbar sind, um auf der Haut getragen werden zu können.

„Wir forschen daran, wie wir Materialien gestalten können, die biokompatibel sind. Menschen bewegen sich und die von uns erstellten Materialien müssen das mitmachen können“, erklärt Lissel. Wenn Materialien härter sind als das menschliche Gewebe, mit dem sie interagieren sollen, verursachen sie Schmerzen oder werden vom Körper abgestoßen. „Unser Ziel ist es, Materialien zu entwickeln, die von Anfang an nicht nur intrinsisch leitfähig, sondern auch dehnbar sind, ohne ihre Funktionalität zu verlieren. Man kann es sich vorstellen wie ein Haargummi“, sagt Lissel. Eingesetzt werden können diese Materialien dann beispielsweise als Patch auf der Haut, um den Blutzuckerspiegel zu messen oder bei Implantaten, um die Sehfähigkeit wiederherzustellen. Die weiche und nachhaltige Elektronik ist nur einer von insgesamt vier Forschungsschwerpunkten von Lissels Arbeitsgruppe: Auch arbeiten sie an neuen Materialien für Informations- und Energiespeicher, der Modulation von elektronischen Grenzflächen und der unimolekularen Elektronik – also der Realisierung elektronischer Funktionalität auf einzelnen Molekülen. Ein weiterer Fokus des Teams liegt darauf, diese Materialien nachhaltig entwickeln zu können.

Einsatz für Gleichstellung im TU Hamburg-Exzellenzprojekt

Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit setzt Lissel sich für die Gleichstellung und Förderung von unterrepräsentierten Gruppen ein. So auch innerhalb der Forschungsinitiative „BlueMat: Water-Driven Materials“, mit der sich die TU Hamburg aktuell bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft um einen ersten Exzellenzcluster bewirbt. Lissel macht klar: „Diversity ist nicht nur Frauenförderung, aber diese ist natürlich gerade im MINT-Bereich sehr wichtig.“ Als Diversity Director wird sie für „BlueMat“ ein Konzept entwickeln, um gezielt weibliche Forschende, aber auch alleinerziehende Väter, Menschen mit Handicap oder Personen aus sozioökonomisch benachteiligten Familien zu fördern. „Es ist wichtig, dass all diese Faktoren nicht dramatisiert, sondern normalisiert werden“, sagt Lissel.

Über die Professur

Professorin Lissel leitet seit Mai 2023 das Institute of Applied Polymer Physics (IAPP) der TU Hamburg. In der Vergangenheit war Lissel unter anderem an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Technischen Universität Dresden tätig, forschte an der Standford University und der Universität Zürich. Lissel setzt sich für Technologietransfer ein und arbeitet regelmäßig mit Industriepartner*innen wie IBM Research, Procter & Gamble, Samsung und Schill+Seilacher.

Die Professur wird finanziert von der in Hamburg ansässigen Ingeborg-Gross-Stiftung. Mit dieser Stiftungsprofessur an der TU Hamburg sowie dem Ingeborg-Gross-Preis und anderen Stipendien an TU und Universität Hamburg stärkt die 2019 gegründete Stiftung Wissenschaft und Forschung in der Hansestadt und setzt sich für Nachwuchsförderung im Bereich Chemie ein.

Weitere Informationen

Mehr zu Professorin Lissels Forschung finden Sie auf www.tuhh.de/iapp