Wie steigert man die Wirtschaftskraft in einer strukturschwachen Region, ohne mehr Ressourcen zu verbrauchen? Ein Verbundprojekt hat sich dafür zwei niedersächsische Landkreise ausgesucht und dort ein nachhaltiges Kreislaufsystem installiert.
Wohin mit den alten Teppichböden, was soll mit den ausgemusterten Möbeln passieren, und wie entsorgen wir veraltete IT-Geräte? Diese Fragen wird sich im Rathaus Lüneburg bald vielleicht niemand mehr stellen müssen. Möglich macht das eine neue Beschaffungsrichtlinie für die öffentliche Verwaltung. Sie fußt auf dem Kreislaufwirtschaftsmodell, in dem im Idealfall kein Abfall mehr entsteht, weil sich alle Produkte als Rohstoffe immer wieder verwenden lassen. Bereits das Design von Produkten wird vor diesem Hintergrund mitgedacht, alle Inhaltsstoffe sind unbedenklich und können deshalb wieder verwendet werden. Wenn die Verantwortlichen des Landkreises Lüneburg künftig die Büros ihrer Mitarbeitenden renovieren, können sie eine Firma beauftragen, die den neuen Teppich verlegt, den alten wieder mitnimmt und aufbereitet, Basisschicht und Flor können dafür einfach voneinander getrennt werden, weil bereits bei der Produktion darauf geachtet wurde. Im besten Fall zahlt die Institution für die Nutzungsdauer der Produkte und ist nicht mehr für Kauf und Entsorgung verantwortlich.
„Eine Verwaltung ist ein großer Abnehmer, so dass dieses Handeln im Sinne einer Kreislaufwirtschaft entscheidende Signale in andere Unternehmen hineinsenden kann, solche Modelle zu übernehmen“, erklärt Prof. Cornelius Herstatt, Leiter des Instituts für Technologie- und Innovationsmanagement an der Technischen Universität Hamburg. Der Vorteil: Die beschafften Teile, wie Möbel, Teppiche, etc. werden nicht mehr gekauft, sondern nur für die Dauer ihrer Nutzung geliehen. Prof. Herstatt berät die Verantwortlichen in ihrer Vorreiter- und Vorbildfunktion als Teil eines regionalen Entwicklungsprojekts der beiden Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg im nordöstlichen Niedersachen. Zusammen mit den Mitarbeitenden Johanna Zeller und Matthias Schneider ist er mit seinem Institut als TU Hamburg neben den beiden genannten Landkreisen, der Leuphana Universität Lüneburg und der Süderelbe AG, Projektparter. Das Vorhaben „Neue Strategien und Strukturen für eine Cradle to Cradle Modellregion Nordost-Niedersachsen“ wird innerhalb des Programms „Region gestalten“ des Bundesbauministeriums gefördert. Im April 2024 endete das zunächst auf zweieinhalb Jahre angelegte Projekt. Der strukturschwachen Region soll der C2C-Ansatz helfen, langfristig wettbewerbsfähiger zu werden. „Wir erhoffen uns eine Wirkung über die Laufzeit hinaus“, sagt Landrat Jens Böther vom Kreis Lüneburg.
Michael Braungart, Professor für Eco-Design an der beteiligten Leuphana Universität Lüneburg, hat Ende der 90er-Jahre zusammen mit dem US-Architekten William McDonough das „Cradle to Cradle“-Konzept entwickelt. Der Name heißt übersetzt „Von Wiege zu Wiege“ und meint Produkte, die in zwei Stoffkreisläufen funktionieren – dem biologischen für Verbrauchsprodukte wie Lebensmittel und dem technischen für Gebrauchsprodukte. Biologisch sind alle abbaubaren Produkte, die dem Boden Nährstoffe zurückgeben und zur Regeneration der Natur beitragen. Im Stoffkreislauf gibt es keinen Abfall mehr, sondern ausschließlich Rohstoffe. Die Inhaltsstoffe sind chemisch unbedenklich und kreislauffähig. „So können die Firmen die beste Qualität verwenden und müssen nicht das günstigste Material einsetzen“, erklärt Prof. Braungart. „Es wird eine höhere Wertschöpfung erreicht.“
Ein wichtiger Player in der Region ist die Firma Uvex, die neben Helmen und anderen Schutzausrüstungen auch Sicherheitshandschuhe herstellt. „Solche Einmalhandschuhe nach dem C2C-Prinzip herzustellen, ist aufwendig“, erklärt Prof. Herstatt. Es werden hier unbedenkliche Biostoffe verwendet, aber auch die Nähte und die Einfassungen müssen diesen Standards entsprechen.“ Das Ziel ist, die Handschuhe wieder zurück in den Kreislauf zu bringen, aber dazu muss man mit den Kund*innen, wie beispielsweise dem Autohersteller VW, wo sie in der Produktion eingesetzt werden, und anderen Lieferant*innen, Rahmenverträge schließen. Für die hauseigene Produktserie wurden Handschuhe aus Bambusfasern und recyceltem Polyamid entwickelt, die einen reduzierten CO2-Fußabdruck haben und unter strikten Anforderungen an Schadstoff- und Wassermanagement hergestellt wurden. Die Träger*innen der 15 Millionen Handschuhe, die pro Jahr produziert werden, müssten keinerlei ungesunde Auswirkungen auf ihre Haut fürchten. Gebrauchte Handschuhe sollen zurückgenommen und aufgearbeitet werden. Das klappt nicht immer, aber man versucht, sich dem idealen Produkt anzunähern. Aktuell werden neuartige Garne getestet, die gegen Schnitte schützen, aber bei der Verwertung zerfallen. Denn ein grundsätzliches Problem im Recycling ist, dass verarbeitete Stoffe oft nicht in ihre Einzelbestandteile zerlegt werden können.
Für 60 bis 70 Prozent der potenziellen C2C-Projekte in den beiden Modellregionen konnten die TU-Wissenschaftler*innen bessere Lösungen finden. Dennoch steht die Idee der biologischen und technischen Verwertbarkeit noch am Anfang: Weltweit sind erst etwa 3.000 Produkte nach diesen Kriterien zertifiziert worden. „Es hängt immer an der Person“, sagt Johanna Zeller. „Sie brauchen vor Ort jemanden, der wirklich bereit ist, die Idee voranzutreiben.“
Eines der Ziele im Projekt ist es, eine Infrastruktur für Wissenstransfer, Vernetzung und Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu schaffen. Das wurde in der wendländischen Kleinstadt Dannenberg in einer alten Fabrikhalle geschaffen: Im April 2024 eröffnete das C2C-Innovationslabor (C2C-Lab). Der Workspace richtet sich an Startups, die sich hier ansiedeln sollen und über das Projekt hinaus beraten werden. Betrieben wird das Lab von dem Verein Connect Circular e.V.
Durch den Wissenstransfer an die Unternehmen, die Vernetzung untereinander sowie vorangetriebene Pilotprojekte wird hoffentlich das regionale Innovationsökosystem gestärkt. Über das Lab ist damit eine Infrastruktur geschaffen worden, an der dieses vor Ort passiert. Das ist nach dem Projektende das Ziel aller Beteiligten.
Die Produktion der Unternehmen verläuft in Kreisläufen und setzt bereits beim Design von Produkten an. Alle Stoffe werden so eingesetzt, dass die eingesetzten Materialien wieder rückstandlos voneinander getrennt werden. So bleiben Rohstoffe in hoher Qualität erhalten und können wiederverwendet werden. Selbst der Verschleiß eines Produkts ist zu 100 Prozent biologisch abbaubar.
Fliegen ist klimaschädlich, denn bei der Verbrennung von Kerosin wird viel CO2 freigesetzt. Eine umweltverträgliche Lösung kann es sein, Flugzeuge künftig mit nachhaltig erzeugtem Wasserstoff zu betreiben. Hierzu müssen geeignete Lieferketten aufgebaut werden. Wie das aussehen kann, erforscht ein Verbundprojekt, an dem die TU Hamburg beteiligt ist.
„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“, sang der Liedermacher Reinhard Mey vor vielen Jahren. Inzwischen steht das Fliegen vor allem für einen hohen CO2-Ausstoß. Doch Forscherinnen und Forscher setzen vieles daran, die Luftfahrtbranche klimaneutral zu gestalten. Ein Ansatz ist es, anstatt fossilem Kerosin grünen Wasserstoff als Energieträger einzusetzen. Allerdings sind die aktuellen Kapazitäten Wasserstoff herzustellen, bislang noch gering und für die Produktion werden große Mengen an Strom benötigt. Eine Lösung für dieses Problem könnte es sein, den Strom in Offshore-Windparks auf dem Meer zu erzeugen. Die grüne Energie bildet die Grundlage, Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten. Denn nur, wenn der Wasserstoff aus regenerativen Energien hergestellt wird, kann seine Verwendung einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ein vielversprechender Ansatz, der die Luftfahrtbranche aber vor große Herausforderungen stellt.
Das Verbundprojekt „HyNEAT – Hydrogen Supply Networks‘ Evolution for Air Transport“ forscht in den kommenden drei Jahren daran, die Netzwerke zur Bereitstellung des Wasserstoffs an Flughäfen zu planen. Im Fokus stehen dabei die kostengünstige Erzeugung und der Transport grünen Wasserstoffs, bei dem es sich um ein flüchtiges Gas handelt. Das erschwert die Planung der Liefernetzwerke. Für den Einsatz in der Luftfahrt muss der Wasserstoff verflüssigt werden, da er im flüssigen Zustand ein geringeres Volumen aufweist. Hierzu ist es erforderlich, ihn auf mindestens minus 250 Grad Celsius zu kühlen. Derzeit gibt es nur wenige solcher Verflüssigungsanlagen in Europa, unter anderem in Leuna in Sachsen-Anhalt. Für den Transport und die Lagerung muss der flüssige Wasserstoff außerdem gut isoliert werden, da sonst die Gefahr besteht, dass er verdampft.
An der TU Hamburg ist die Arbeitsgruppe Resilient and Sustainable Operations and Supply Chain Management von Professor Christian Thies am Projekt beteiligt und damit betraut, mathematische Optimierungsmodelle für das so genannte „Hydrogen Supply Chain Network Design Problem“ zu entwickeln. Hierzu werden die Energiesysteme und die Nachfrage analysiert und einzelne Komponenten modelliert. Schließlich werden die Ergebnisse zusammengeführt und mit Kollegen aus der Mathematik spezifische Lösungsverfahren für die komplexen Modelle entwickelt. Sie sollen beispielsweise berechnen, welche Größen die Pipelines haben müssen, durch die der Wasserstoff transportiert wird, oder wie viele LKW für den Transport eingesetzt werden müssen. „Mithilfe der gewonnenen Erkenntnisse erstellt unsere Arbeitsgruppe verschiedene Szenarien. Wir untersuchen sie und leiten daraus Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft ab, wie eine effiziente Bereitstellung von grünem Wasserstoff für die Luftfahrt aussehen kann“, sagt Prof. Thies. „Genauso notwendig, wie neue Antriebe und Flugzeugkonzepte zu entwickeln ist es, die entsprechende Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen. Die größte Herausforderung wird es sein, zu wettbewerbsfähigen Kosten zu kommen, die den Betrieb neuartiger wasserstoffbetriebener Flugzeuge ermöglichen“, führt der Experte für Lieferketten aus.
Im Projekt werden insgesamt drei Ebenen betrachtet und untersucht: Die Forschenden loten die globalen Wasserstoff-Potentiale für die Luftfahrt aus. Sie berechnen, ob sie im europäischen Energiesystem mit dem dazugehörigen Wirkungsbereich bis nach Afrika und dem Nahen Osten umsetzbar sind. Und schließlich beschreiben sie ihre Ergebnisse bis zur lokalen Ebene, um zu sehen, wie ein typischer Flughafen aussehen muss.
Das Verbundprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund drei Millionen Euro gefördert. Beteiligt sind die Leibniz Universität Hannover, die Technische Universität Braunschweig, die Technische Universität Clausthal, die Technische Universität München, die Technische Universität Hamburg sowie ein Industriebeirat, in dem unter anderem Airbus, Deutsche Aircraft, Lufthansa, Linde, Siemens Energy und der Flughafen Hamburg vertreten sind.
Ein TU-Projekt zeigt, dass Flugzeugteile aus Metall, die im 3D-Drucker entstehen, viel leichter sind und schneller gefertigt werden können als herkömmlich hergestellte. Sie helfen, Kerosin einzusparen und den CO2-Abdruck von Flugzeugen zu verringern.
Auf den ersten Blick wird nicht deutlich, worum es sich bei diesem Werkstück handelt: Es ist rund, zu beiden Seiten offen und auf der Oberfläche befinden sich viele Löcher. Das Besondere an dem kuriosen Stück ist, dass es sich um ein im 3D-Drucker gefertigtes Metallteil handelt, das einen Durchmesser von etwa einem Meter aufweist. „Es ist ein Teil einer Flugzeugturbine“, löst Dirk Herzog das Rätsel. „Und zwar ist es eines der größten Einzelteile, die bisher mittels eines Laserverfahrens additiv, also per 3D-Druck, hergestellt wurden“, erklärt der Ingenieur, der das Projekt für das TU-Institut für Laser- und Anlagensystemtechnik verantwortet. Doch nicht nur die Größe erstaunt: „Die Umstellung von konventionellem Guss auf das additive Verfahren reduziert Kosten und Gewicht um 30 Prozent. Und das bedeutet, dass durch seinen Einsatz wertvolles Kerosin und damit CO2 eingespart werden kann.“
Es ist ein wichtiger Schritt für die Luftfahrt, die Vorgaben des Green Deal der EU einzuhalten. Er sieht vor, dass die Verkehrsemissionen bis 2050 um 90 Prozent sinken sollen gegenüber dem Stand von 1990. Und dazu soll der Luftfahrtsektor seinen Teil beitragen. Eine Forschungsinitiative zur Entwicklung von treibstoffeffizienten Luftverkehrstechnologien war das von der Europäischen Kommission und der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie finanzierte Programm Clean Sky 2. Hieraus ging 2018 das MOnACO-Projekt hervor. Neben der TU Hamburg, die den Druckprozess erforscht hat, sind als Projektpartner das Unternehmen Autodesk beteiligt, das sich um die Optimierung des Designs kümmert, sowie die TU Dresden. Ihre Experten bauen einen Versuchsstand mit hochmodernen Instrumenten, mit der sie die Strömungsdaten nach der Produktion validieren und messen. Das Konsortium arbeitet dabei eng mit dem Triebwerksbauer GE Aerospace in München zusammen.
Grundsätzlich bestehen im Flugzeugbau besonders strenge Anforderungen. Das gilt auch für die Teilezulieferer und führt zu langen Vorlaufzeiten und hohen Kosten. Diese Herausforderungen und die Tatsache, dass es sich bei einem Turbinenzwischengehäuse nicht um ein rotierendes Teil handelt, machten es zu einem idealen Kandidaten für die additive Fertigung. Das Team um Dirk Herzog, das für den 3D-Druck mit dem Fraunhofer IAPT in Bergedorf zusammenarbeitet, ermöglicht die Fertigung in einem Stück, sodass am Ende nicht mehr – wie sonst üblich – 150 einzelne Teile zusammengefügt werden müssen. Dadurch reduziert sich für den Hersteller die Durchlaufzeit von neun auf zweieinhalb Monate.
Der Druck selbst erfolgt in einem abgeschotteten großen Behälter: „In einer Schicht aus Metallpulver, in diesem Fall eine Nickellegierung, verschmilzt ein Laserstrahl bei über 1.000 Grad Celsius die einzelnen Teile des Pulvers“, erklärt Ingenieur Herzog. „Die Schicht ist nur 60 Mikrometer dünn und senkt sich nach dem Vorgang ab. Das Metallpulver wird wieder gleichmäßig verteilt und die Laserbelichtung lässt die nächste Schicht entstehen.“ Unzählige Male wiederholt sich das Geschehen, bis das Turbinenteil nach etlichen Tagen Bauzeit fertig gedruckt ist. „Ein wesentlicher Vorteil der additiven Fertigung ist die Freiheit im Design. Je nach Vorgabe lässt es sich jederzeit anpassen und umstellen. Luftdurchlässe, Kurven, Kanäle oder Gitterstrukturen, alles ist möglich. Zu Beginn des Projekts haben wir vor allem probiert, wie weit wir die Wanddicke reduzieren können, um möglichst viel Gewicht einzusparen“, erklärt Herzog.
Das verwendete Verfahren ist nicht auf die Luftfahrt beschränkt. Es wird schon länger beispielsweise für medizinische Implantate eingesetzt. Aber in der Luft- und Raumfahrt sind die finanziellen Vorteile der Gewichtsreduktion am größten. Das zeigt eine einfache „Pi-mal-Daumen"-Regel, nach der es heißt, dass in der Luftfahrt 1 Kilo eingespartes Gewicht Treibstoffkosten in Höhe von 1.000 Euro einsparen kann. Das entspricht über die Lebensdauer eines Flugzeugs gesehen etwa 25 Tonnen CO2. Also wesentlich mehr als in der Automobilindustrie, wo man wegen höherer Stückzahlen ganz anders kalkuliert: Hier müssen schon 100 Kilo eingespart werden, um denselben Kosteneffekt zu erzielen. Seitdem die Energiekosten auf breiter Front gestiegen sind, dürften sich Gewichtsreduzierungen finanziell noch stärker auswirken. Herzog erklärt: „Das ist auch der Grund, weshalb solche Projekte häufig zunächst für die Luft- und Raumfahrtindustrie getestet werden. Bereits heute hat sich der 3D-Druck für einzelne, kleinere Triebwerksbauteile wie beispielsweise Einspritzdüsen etabliert. Aber vielleicht werden künftig auch die gedruckten Großbauteile standardmäßig in Flugzeugen eingebaut.“
Das MOnACO-Projekt besteht aus einem Konsortium aus der Technischen Universität Hamburg (TUHH), der Technischen Universität Dresden (TUD) und dem Technologieunternehmen Autodesk. Es unterstützt General Electric AAT München bei der Entwicklung und Herstellung eines großen additiv gefertigten Metallbauteils - dem Advanced Additive Integrated Turbine Centre Frame (TCF).
Schlaue Gebäude können schon heute ihren Zustand mit Sensoren messen und analysieren. Künftig sollen sie lernen, sich mithilfe dieser Daten und des Internet der Dinge nachhaltig und zukunftssicher zu verhalten.
Um die Folgen des Klimawandels langfristig bewältigen zu können, muss die Infrastruktur mit ihren Städten, Siedlungen und Brücken widerstandsfähig werden. Moderne Bauwerke tragen bereits heute viele Sensoren in sich und messen und analysieren ihren Zustand. Über diese intelligente Aktorik passen sie sich aktiv an die Bedingungen der Umgebung an. Sie sind aber nicht in der Lage, aus sensorisch erfassten Struktur- und Umweltdaten zu lernen. Das Ziel ist, sie zu fühlenden und lernenden Bauwerken zu machen, indem sie die generierten Daten selbständig mithilfe des Internet der Dinge (IoT) im Sinne eines nachhaltigen resilienten Verhaltens nutzen. Ein Solches Gebäude „kümmert“ sich beispielsweise um die Bewohner, in dem es hilft, den Energieverbrauch zu optimieren und Kosten zu senken.
„Ziel dieses Projekts ist es, das aufkommende Paradigma der kognitiven Gebäude zu nutzen, um eine neue wissenschaftliche Grundlage für eine widerstandsfähige Infrastruktur zu entwickeln. Kognitive Gebäude sind in der Lage, Umweltbedingungen zu erkennen, aus externen oder nutzerbezogenen Faktoren zu lernen und IoT-Geräte zu integrieren, um die Leistung zu optimieren“, erklärt Prof. Kay Smarsly. Die Gebäude konzentrieren sich in der Regel auf die Verringerung des Energieverbrauchs und des CO2-Fußabdrucks. Sie sind jedoch nicht in der Lage, für die Widerstandsfähigkeit relevante strukturelle Informationen nahtlos zu integrieren. Das könnten beispielsweise die Auswirkungen von Naturgewalten sein oder Umweltbelastungen, denen das Gebäude standhalten muss. Als Ausgangspunkt werden Strategien zur Überwachung des Zustands und zur Kontrolle betrachtet, die für eine widerstandsfähige Infrastruktur relevant sind. Seit mehreren Jahren stützt sich die Praxis hauptsächlich auf datengesteuerte Modellierung zur Gewinnung von Informationen über den Bauzustand. Der datengesteuerten Modellierung fehlt jedoch der physikalische Hintergrund und sie liefert nicht die Informationen, die für diese Art des Monitoring erforderlich sind. Deshalb werden in diesem Projekt insbesondere resilienzbezogene Strategien des Bauwerksmonitorings (Structural Health Monitoring) und der adaptiven Strukturen (Structural Control) wie zum Beispiel Tragfähigkeit oder Gebrauchstauglichkeit drahtlos nutzbar gemacht.
Dieses Projekt stellt ein bauinformatisch abgesichertes Theoriengebäude bereit, das darauf ausgerichtet ist, einen allgemeingültigen Problemlösungsansatz für die aktuellen und zukünftigen gesellschaftsrelevanten Herausforderungen im Infrastruktur- und Siedlungsbereich zu liefern. Es wird davon ausgegangen, dass durch die Implementierung kognitiver Bauwerke eine resiliente Infrastruktur aufgebaut, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung gefördert und Innovationen unterstützt werden können. Übertragen auf Städte und Siedlungen können diese sicherer, widerstandsfähiger und nachhaltiger gestaltet werden.