Auf seinem Laptop zeigt Prof. Nima Shokri ein Satellitenbild von Google Maps. Darin markiert: ein schnödes Stück Brachland im Hamburger Stadtteil Moorburg, direkt gegenüber einem Gewerbegebiet. „Hier entsteht ein besonderes Labor, unser Living Lab“, erläutert der Leiter des Instituts für Geo-Hydroinformatik. „Wir werden diese Parzelle mit einer Wetterstation und jeder Menge Sensoren bestücken, etwa um herauszufinden, wie sich die Bodenqualität unter verschiedenen Klimabedingungen verändert.“ Das Living Lab ist Bestandteil einer neuen Initiative der TU Hamburg: Beim „Climate Informed Engineering“ werden Ingenieurinnen und Ingenieure mit den Grundlagen der Klimaforschung vertraut gemacht. Dadurch sollen sie ihre Entwürfe besser an den Klimawandel anpassen können – maßgeschneidert für einzelne Regionen.
Die Geschichte beginnt im Sommer 2020: Damals kam Shokri aus Großbritannien nach Hamburg, um als Professor ein neues Institut aufzuziehen – das Institut für Geo-Hydroinformatik, angesiedelt am Studiendekanat Bauwesen der TU. Am Institut beschäftigt sich der promovierte Ingenieur mit wichtigen Zukunftsfragen: Inwieweit wirkt sich der Klimawandel auf das Grundwasser aus und wie verändert sich unsere Bodengesundheit und -sicherheit unter verschiedenen Klimabedingungen? „Einer der Fachleute, die mich nach meiner Ankunft in Hamburg als erstes kontaktiert haben, war Bjorn Stevens, geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie“, erinnert sich Shokri. „Er hat mir einfach eine E-Mail geschickt, um mich willkommen zu heißen.“
Klimamodelle: Vorhersagen für 50 Jahre
Diese E-Mail markierte den Start für gegenseitige Besuche. „Rasch wurde mir klar, wie exzellent Hamburg in der Klimaforschung ist, insbesondere bei der Entwicklung von Klimamodellen“, erzählt der gebürtige Iraner. „Da lag die Idee nahe, diese Exzellenz mit der herausragenden Ingenieurexpertise der TU Hamburg zu verbinden, etwa was Sensortechnik und Datenanalyse betrifft.“ Bald ließen sich auch andere für diese Idee begeistern, darunter TU-Vizepräsidentin Irina Smirnova sowie Kaveh Madani, Direktor des Instituts für Wasser, Umwelt und Gesundheit der Universität der Vereinten Nationen im kanadischen Hamilton.
Im November 2022 hob die Gruppe ihre Initiative aus der Taufe und nannte sie „Climate Informed Engineering“. Der Hintergrund: „Die Klimamodelle werden immer besser“, erläutert Nima Shokri. „Mittlerweile können sie auf den Quadratkilometer genau vorhersagen, welche Klimabedingungen künftig in einer Region herrschen werden.“ Für die Ingenieurwissenschaften eröffnet das neue Perspektiven: Würden sie die Prognosen der Klimamodelle für eine bestimmte Region berücksichtigen, ließen sich Lösungen erarbeiten, die an die Folgen des Klimawandels optimal angepasst wären und sie dadurch mildern könnten.