Wie sich Meeresströmungen auf unser Klima auswirken untersucht ein Verbundprojekt unter Beteiligung des Instituts für Fluiddynamik und Schiffstheorie der TU Hamburg. Die Forschenden erhoffen sich exaktere Klimamodelle.
Die Energie in einem geschlossenen System ist konstant. Sie geht nicht verloren, sondern wird in andere Formen umgewandelt, etwa wenn kinetische Energie in thermische Energie umgewandelt wird oder umgekehrt Wärme zu einer Kraft führt. Soweit die Theorie in der Physik. Doch was bedeutet dieses naturwissenschaftliche Grundprinzip für die Berechnung von Meeresströmungen und wie kann sich die Klimaforschung diese Erkenntnisse zunutze machen? Wirbel spielen eine zentrale Rolle dabei. Im Allgemeinen sind das Strömungen, die sowohl in der Atmosphäre als auch im Ozean vorkommen. Im Meer dehnen sie sich typischerweise zwischen 10 und 100 Kilometer aus. Wirbel sind auch bekannt als das „Wetter“ des Ozeans. Sie können mit den Hochs und Tiefs auf Wetterkarten verglichen werden, sind aber deutlich kleiner als ihre atmosphärischen Gegenstücke.
Im Wasser und in der Luft
Unter Wasser lösen kleinräumige Wirbel Vermischungsprozesse aus, ohne dass man vollständig versteht, woher die Energie stammt, die sie entstehen lässt. Ähnlich verhält es sich in der Atmosphäre, mit dem einzigen Unterschied, dass sich dort nicht Wasser, sondern Luft bewegt. Auch hier können lokale Turbulenzen größere Bewegungen auslösen oder umgekehrt können Wellen in größerem Maßstab in kleine Strukturen zerfallen. All diese Prozesse sind wichtig für das Klima der Erde und bestimmen, wie die Temperaturen in Zukunft steigen werden. Die Frage, wie genau die Energieübertragung zwischen Wellen, Wirbeln und lokalen Turbulenzen im Ozean und in der Atmosphäre funktioniert, untersucht das interdisziplinäre Projekt „Energy Transfers in Ocean and Atmosphere“: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Ozeanographie, Meteorologie und Mathematik aus Hamburg, Bremen, Rostock und Frankfurt arbeiten dafür eng im TRR181-Projekt zusammen. Ziel ist es, energetisch konsistente mathematische Modelle zu entwickeln und damit Klimaanalysen und Vorhersagegenauigkeit zu verbessern.
„Das Verbundprojekt wird als Sonderforschungsbereich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Fast 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten insgesamt daran“, erklärt Malte Loft, der das Teilprojekt der TU Hamburg betreut und sich auf das Gebiet Strömungsmechanik spezialisiert hat. Loft nimmt dabei die Prozesse an der Oberfläche unter die Lupe und untersucht das Zusammenspiel von Wind, Wellenform und Wellenhöhe, also unter welchen Bedingungen wieviel Energie zwischen Ozean und Atmosphäre ausgetauscht wird.
Wellen kippen und brechen
„Wir alle kennen Gravitationswellen. Sie gibt es an der Oberfläche, aber auch im Inneren des Ozeans“, erklärt Malte Loft. Die Wellen werden durch die Erdrotation beeinflusst und interne Gravitationswellen genannt. Genau wie Oberflächenwellen können interne Wellen kippen und brechen, wodurch kleinräumige Turbulenzen entstehen.
„Meine Aufgabe ist es, mithilfe von sehr aufwendigen Strömungssimulationen eben jene Energieübertragungsprozesse zu untersuchen. Dazu vergleiche ich Daten aus Simulationen mit entsprechenden Messergebnissen aus der ‚realen‘ Welt. Die Simulationen laufen dabei in der Regel auf Supercomputern, sogenannten Rechenclustern, in Göttingen und Berlin“, beschreibt der Maschinenbauer das Projekt.
Die Turbulenzen können sehr klein sein und nur Millimeter oder Meter einnehmen Sie werden durch Wirbel oder interne Wellen erzeugt und führen letztlich dazu, dass sich der Ozean erwärmt. Turbulenzen durchmischen die Wassermassen und beeinflussen die Schichtung des Ozeans.
Sonne und Mond spielen ebenso ihre Rolle in diesem Prozess. Sie sind die Energiequellen für den Ozean durch die Wärme und Gravitation, die sie erzeugen. Die Sonnenwärme wird umgewandelt in Bewegungsenergie und die Kräfte des Mondes erzeugen Meeresgezeiten. Die Atmosphäre erwärmt sich und gibt Energie an Winde weiter, die ihrerseits Meeresströmungen und Wellen antreiben. Die Energie verschwindet also nicht, sondern wird in andere Formen umgewandelt. „Wie Energie im Ozean transportiert wird, ob auf einer großen oder kleinen Skala, diese Prozesse kennen wir Wissenschaftler noch nicht gut genug“, sagt Malte Loft. „Deshalb ist es unsere Aufgabe, besser zu verstehen, wie der atmosphärische und ozeanischen Energietransport funktioniert, um unsere Klimamodelle zu verbessern.“
TU Hamburg
Weitere Informationen: trr-energytransfers.de