Es gibt wenige Begriffe die in so kurzer Zeit es von einem unbeachteten Nischendasein zum omnipräsenten Modewort gebracht haben, wie die „Nachhaltigkeit“. Trotz der nun häufigen Verwendung des Wortes ist eine eindeutige, allgemeingültige definitorische Eingrenzung bis dato ausgeblieben. Sicherlich die bekannteste und am häufigsten angeführte Definition stammt nachwievor von der sog. „Brundtland Comission“ aus dem Jahr 1987, die sinngemäß besagte:
Eine nachhaltige Entwicklung befriedigt die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation, ohne die Fähigkeit zukünftiger Generationen ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen zu gefährden. (vgl. United Nations General Assembly (1987), “Report of the World Commission on Environment and Development: Our Common Future.” Transmitted to the General Assembly as an Annex to document A/42/427 - Development and International Co-operation: Environment.)
Zur Übertragung des Ansatzes in die Wirtschafts- und Managementwissenschaften ist eine solch generelle Einordnung nur bedingt hilfreich und bedarf daher weiterer Konkretisierung. Zentrales Konzept ist in diesem Fall das sog. 3-Säulen Konzept, welches die drei relevanten Dimensionen des nachhaltigen Wirtschaftens: Ökonomisch, ökologisch und sozial beinhaltet und vereinigt (Norman, W. and MacDonald, C. (2004), “Getting to the bottom of ‘triple bottom line’”, Business Ethics Quarterly, Vol. 14 No. 2, pp. 243-62.). Im landläufigen Verständnis von Nachhaltigkeit wird häufig der ökonomische Aspekt nicht berücksichtigt sondern Nachhaltigkeit fälschlicherweise in die „Öko- und Gutmenschen-Ecke“ eingeordnet. Im volkswirtschaftlichen Sinne ist dabei jedoch die Wirtschaftlichkeit von elementarer Bedeutung, da ein ausschließlich von sozialen und ökologischen Kriterien dominiertes Verhalten als ineffizient und damit nicht langfristig tragfähig gesehen werden muss (Robert N. Stavins, Alexander F. Wagner, and Gernot Wagner (2003), “Interpreting sustainability in economic terms: dynamic efficiency plus intergenerational equity,” Economics Letters 79, no. 3 (June 2003)).
Abbildung 1: Das "3-Säulen-Konzept" als grafische Übersicht (Quelle: In Anlehnung an Johann Dréo, 2006)
In Abbildung 1 werden die drei Dimensionen von Nachhaltigkeit und ihre Überschneidungen dargestellt. Als „nachhaltig“ ist dabei nur ein Verhalten zu bezeichnen, das alle drei Aspekte berücksichtigt und gegeneinander abwägt. Im Rahmen dieser Abwägung kommt es naturgemäß zu Interessenskonflikten zwischen den Anforderung der einzelnen Dimensionen.
Die Integration eines operationalisierbaren Nachhaltigkeitsansatzes in das Geschäftsmodell von Unternehmen ist zwingend erforderlich. Insbesondere im Supply Chain Management ergeben sich große Potentiale, die Wertschöpfung von Unternehmen hinsichtlich der 3-Säulen-Kriterien zu optimieren. Besondere Beachtung finden in diesem Zusammenhang die Themen: Unternehmenskooperationen, Grüne Logistik, Lieferantenmanagement und Standardisierung von Fußabdrucks-Messungen.
Das Institut für Logistik und Unternehmensführung forscht unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Kersten im Bereich der Nachhaltigkeit in Kooperation mit dem Fisher College of Business der Ohio State University. Schwerpunkt der Forschungsarbeit ist die Verankerung von Nachhaltigkeitskonzepten und -initiativen im Supply Chain Management. Insbesondere die nähere Betrachtung von unternehmensübergreifenden Nachhaltigkeitsinitiativen und die Hürden bei einer praktischen Umsetzung solcher Programme stehen im Fokus der Untersuchung. Methodisch orientiert das Forschungsprojekt am „Grounded Theory“- Ansatz.
Im Rahmen der Studie werden ausführliche Interviews mit Unternehmen in den USA und Europa durchgeführt, um die Eindrücke und Erfahrungen zum Thema aus der Praxis zu sammeln und diese anschließend zu theoretischen Erkenntnissen zu aggregieren. Des Weiteren ermöglich die internationale Stichprobe einen Vergleich zwischen verschiedenen Mentalitäten und deren Einfluss auf das Nachhaltigkeitsmanagement.
Es wurden bereits zahlreiche Gespräche mit namenhaften Unternehmen durchgeführt. Zurzeit werden erste Ergebnisse analysiert um das Themenfeld einzugrenzen und die Unternehmensstichprobe zielgerichtet auszubauen.