Thermisch-enzymatische Hydrolyse lignocellulosehaltiger Biomasse zur
Produktion von Plattformchemikalien

Wienke Hüppop

Mit  zunehmender  Knappheit  der  weltweiten  Erdölressourcen  und  zunehmend  strengeren Umweltvorschriften  wächst  das  Interesse  von  Industrie  und  Forschung  an  nachhaltigen  Rohstoffquellen. Hierbei sollen nicht nur fossile Treibstoffe ersetzt werden, sondern vor allem Alternativen für erdölbasierte
Polymere  und  Chemikalien  gefunden  werden.  Seit  einigen  Jahren  werden  Produkte  aus  stärkebasierter Biomasse  eingesetzt,  z.B.  der  Biodiesel  oder  Bioethanol.  Diese  stehen  jedoch  in  starker  Konkurrenz  zur Lebens-  und  Futtermittelindustrie.  Eine  Weiterentwicklung  dieses  Konzeptes  sind  Bioraffinerien  der 2. Generation.  Hier  werden  lignocellulosehaltige  Reststoffe  aus  Landwirtschaft  und  Forstwirtschaft verarbeitet.  Die  Hauptbestandteile  der  Lignocellulose  (Cellulose,  Hemicellulose  und  Lignin)  werden  in
Zuckermonomere und Lignin aufgespalten, welche dannals sogenannte Plattformchemikalien zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung stehen.

Art und Zusammensetzung der genutzten Biomasse ist saisonal und regional sehr unterschiedlich. Für eine kommerzielle  Anwendung  des  Bioraffinerie-Konzeptes  ist  daher  die  Entwicklung  eines  robusten  und flexiblen Prozesses unerlässlich. Am Institut für Thermische Verfahrenstechnik wird Weizenstroh in einem einzigen Hochdruck-Festbettreaktor thermisch-enzymatisch in seine Bestandteile aufgespalten. Die größten Vorteile  dieses  Prozesses  sind  die  Vermeidung  aggressiver  Lösungsmittel  und  chemischer  Additive  sowie
die geringe Anlagenkomplexität.

 

In laufenden Bioraffinerie-Projekten 2. Generation  ist meist nur Bioethanol aus cellulosebasierter Glucose das Zielprodukt. Hemicellulose und Lignin werden nur thermisch recycelt, um den Energiebedarf der Anlage zu  decken.  Die  Nutzung  lignocellulosehaltiger  Biomasse  ermöglicht  darüber  hinaus  jedoch  auch  die Produktion hochwertiger Produkte aus Hemicellulose und Lignin. Dies ist der Schlüssel zu einem effizienten und  konkurrenzfähigen  Prozess.  Diese  Forschungsarbeit  beschäftigt  sich  im  Rahmen  des  BMBFForschungsvorhabens „Bioraffinerie 2021“ mit der Charakterisierung des Festbettprozesses, insbesondere mit Fokus auf das Lignin. Vorangegangene Arbeiten haben die Funktionsfähigkeit des Prozesses im Laborund  Technikumsmaßstab  gezeigt.  Weitere  experimentelle  Arbeiten  sowie  Prozessmodellierung  und -simulation sollen helfen, die Vorgänge im Reaktor genauer zu charakterisieren und Scale-up Möglichkeiten zu untersuchen.