Thomas Ingram
Die Verknappung der fossilen Energieträger führt zu der Suche nach neuen alternativen Rohstoffressourcen. Ein nahezu ungenutztes Potenzial liegt in der stofflichen Verwertung lignocellulosehaltiger Biomasse. Die Bereitstellung von Fein- und Plattformchemikalien auf Basis nachwachsender Rohstoffe stellt dabei eine große Herausforderung an die Verfahrenstechnik dar. Sowohl die Verarbeitung der neuartigen Produktströme als auch deren Trennung und Aufreinigung erfordern neben Entwicklungen in der weißen Biotechnologie auch ein Weiterdenken in traditionellen Feldern wie der Thermodynamik.
Die Bioraffinerie versteht sich als ein Forschungsgebiet, das sich auf das breite Spektrum einer nachhaltigen stofflichen Nutzung und Weiterverarbeitung von natürlichen Rohstoffen stützt. Das Ziel ist es jegliche Abfallströme zu vermeiden und gleichzeitig ein breites Produktspektrum zu gewährleisten. Die Umsetzung erfordert umfassende Grundlagen der Chemie, Biologie und der Thermodynamik.
Bisher konnte an diesem Institut gezeigt werden, dass Wasser durch seine veränderten Eigenschaften bei hohen Drücken und Temperaturen (LHW) in Kombination mit einer nachgeschalteten enzymatischen Hydrolyse eine vielversprechende Umwandlungsmethode von Lignocellulose bietet.
Basierend auf der effektiven thermisch enzymatischen Hydrolyse [1,2] können bereits verschiedene Arten von Biomasse in ihre drei Hauptbestandteile Zucker, Lignin und Proteine aufgespaltet werden. Neben der Verwertung dieser Produktströme birgt vor allem der enzymkatalysierte Reaktionsschritt ein großes Optimierungspotential. Einerseits müssen Reaktorkonzept zur Verzuckerung der vorbehandelten Biomasse erarbeitet werden, anderseits stellt der enzymatische Abbau der Ligninfraktion nach wie vor eine große Herausforderung dar. Zukünftige Untersuchungen sollen darüber hinaus zeigen welchen Einfluss der Druck auf enzymkatalysierte Reaktionen hat.
Für eine nachhaltige Nutzung ist die Reinheit der Stoffströme der entscheidende Parameter. Daher sollen im Laufe dieser Arbeit verschiedene Trennverfahren zur Gewinnung reiner Produktströme untersucht werden. Im Vordergrund stehen dabei neuartige, selektive Trennverfahren wie die mizellare Extraktion. Im Gegensatz zu herkömmlichen thermischen Trennoperationen bietet dieses Trennverfahren auch die Möglichkeit thermisch instabile Produkte wie Proteine zu gewinnen. Um den experimentellen Aufwand zu reduzieren und gleichzeitig zuverlässige Aussagen über verwandte Systeme zu treffen sollen Verteilungs¬koeffizienten mit Hilfe von thermodynamischen software-gestützten Methoden (COSMO-RS) vorhergesagt werden. Basierend auf dieser Information werden geeignete Tenside und Prozessparameter ermittelt.