Funktionalisierte organische und anorganische Aerogele als Wirkstoffträger

Mohammad Alnaief

Aerogele

Aerogel, gefrorener Rauch, ist ein wahrlich außergewöhnliches Material. Er ist der bisher leichteste Feststoff der bekannt ist und hält 14 Einträge im Guinness Buch der Weltrekorde, einschließlich bester Isolator und Feststoff mit der geringsten Dichte. Aerogele bestehen zu 99.8% aus Luft, dennoch kann man Aerogele nicht als herkömmlicher Schaum betrachten, sondern als poröses Material mit Porengrößen im Mikrometerbereich. Aerogele sind aus einzelnen Partikeln im Nanometerbereich zusammengesetzt, die in einen dreidimensionalen Netzwerk verbunden sind.

Aerogele können aus Siliziumdioxid (Silica Aerogele) ebenso wie aus verschiedenen organischen und anorganischen Substanzen, wie zum Beispiel Titaniumoxid, Aluminiumoxid, Kohlenstoff, Stärke, Alginat, Chitosan, Agar, Pektin und Cellulose, hergestellt werden.

Diese neuen Materialien haben viele herausragende Eigenschaften, wie niedriger thermischer Widerstand, Brechungsindex und Schallgeschwindigkeit neben einer großen Oberfläche und thermischer Stabilität.

Aerogele können mit einer Dichte, die dem dreifachen der Dichte von Luft entspricht, hergestellt werden. Weiterhin können sie in vielen Bereichen der Wissenschaft und Industrie eingesetzt werden. Eine der beeindruckendsten Anwendungen der Aerogele erfolgt durch die NASA, hier fungieren diese als Isolationsstoff für Spaceshuttles. Zurzeit arbeiten viele wissenschaftliche Arbeitsgruppen mit Aerogelen, welche dann ihre Ergebnisse auf der Internationalen Fachkonferenz für Aerogele, ISA präsentieren, die alle drei Jahre stattfindet. Momentan sind die Synthese und innovative Anwendung der Aerogele von großem Interesse. Aufgrund ihrer umweltfreundlichen und nichttoxischen Eigenschaften können Aerogele auch in der pharmazeutischen Industrie eingesetzt werden. Die große Oberfläche und die offene Porenstruktur der Aerogele machen sie zu einem idealen Trägermaterial.

Silica Aerogel Eigenschaften

  • Dichte: 0.003 – 0.35 g/cm³
  • Innere Oberfläche: 600 – 1000 m²/g
  • Offenes Porennetzwerk
  • Primär Partikeldurchmesser: 2 – 5 nm
  • Mittlere Partikeldurchmesser: ~20 nm
  • Nichttoxisch
  • Annähernd transparent; zerstreut blaues Licht
  • Thermische Toleranz: Die Schrumpfung fängt bei 500 °C an; der Schmelzpunkt liegt bei > 1000°C
  • Dielektrische Konstante: 1.1
  • Refraktionsindex: 1.0 - .05
  • Brüchig- zerfällt schnell zu Staub
  • Wird bei Kontakt mit Wasser zerstört
  • Kann bei schnellen Druckschwankungen zerfallen
  • Nicht brennbar
  • Kann in fast jeder Form hergestellt werden
  • Keine Verletzungsgefahr- Aerogelpartikel sind glatt und rund

Herstellungsmethoden

Am einfachsten beschreibt man die Aerogelsynthese mit den Worten des Mannes, dem die Synthese zuerst gelang, Steven S. Kistler: „Offenbar muss, um Aerogel zu erzeugen, die Flüssigkeit durch Luft ersetzt werden und zwar auf solche Weise, dass die Flüssigkeitsoberfläche davon abgehalten wird, ins Gel zurückzusinken. Wird eine Flüssigkeit so unter Druck gesetzt, dass dieser stets höher als der Dampfdruck der Flüssigkeit ist und wird die Temperatur ständig erhöht, so wandelt sich die Flüssigkeit bei Erreichen der kritischen Temperatur in ein Gas, ohne dass während des Prozesses zwei Phasen entstanden sind.“ (S. S. Kistler, J. Phys. Chem. 34, 52, 1932).
Das Standardverfahren zu Aerogelherstellung ist der so genannte Sol-Gel-Prozess. Hierbei werden alle nötigen Komponenten mit einem Lösungsmittel vermischt, die dann eine chemische Reaktion eingehen und stark vernetzte Partikel bilden. Am Anfang der Reaktion ist die Mischung flüssig, wird dann aber mir fortlaufender Reaktion immer zähflüssiger. Nach beendeter Reaktion verliert die Mischung ihre Fluidität und wandelt sich in ein Gel um. Dieses Gel besteht aus einem dreidimensionalen Netzwerk, indem das Lösungsmittel eingelagert ist. Während des überkritischen Trocknens, wird das Lösungsmittel aus dem Gelkörper extrahiert, wobei es ein mit Luft gefülltes, festes Netzwerk hinterlässt, welches seine anfängliche Form und Größe beibehält.

Die Aerogelherstellung kann in vier einfachen Schritten zusammengefasst werden (siehe folgende Zeichnung):

4 Schritte der Aerogelherstellung

Einführung

Aufgrund ihrer ausgezeichneten Eigenschaften sind Aerogele vielseitig einsetzbar. Jede einzelne Eigenschaft stellt eine innovative Anwendungsmöglichkeit dar und eröffnet neue Möglichkeiten zur Erforschung neuer Anwendungsbereiche. Diese Arbeit befasst sich mit der pharmazeutischen Anwendung von Aerogelen. Da Aerogele eine große Oberfläche (bis zu 1200 m²/g) besitzen, eine offene Porenstruktur aufweisen und ungiftig sind, eignen sie sich hervorragend als Medikamententräger.

Zielsetzung des Projektes

Ziel ist es, maßgeschneiderte Medikamententräger für spezifische Anwendungen zu entwickeln. Dies beinhaltet die Beladung und Freisetzung des Medikamentes im gewünschten Organ des menschlichen Körpers. Hierfür werden Aerogele verschiedener organischer sowie anorganischer Ausgangsstoffe, wie zum Beispiel Silica, Stärke, Alginat, Chitosan, Agar, Pektin oder Cellulose, verwendet. Im nächsten Schritt sollen biologisch abbaubare Polymere als Ausgangsstoffe für die Aerogele dienen.

Methodologie

Pharmazeutische Substanzen weisen verschiedene chemische Strukturen auf, was zu verschieden Affinitäten in Bezug auf die Trägermaterialien, in diesem Falle Aerogele, führt. Demnach müssen verschiedene Trägermaterialien produziert werden, um diese mit den verschiedenen pharmazeutische Substanzen in gewünschter Menge zu beladen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Eigenschaften bereits bestehender Trägermaterialien zu verändern.

Mittels Oberflächen-Funktionalisierung können die Oberflächeneigenschaften des Aerogels eingestellt werden; verschiedene funktionelle Gruppen können verwendet werden, um die Oberflächeneigenschaften so zu verbessern, dass die Aerogele den Bedürfnissen jeder pharmazeutischen Substanz genügen. Eines der Ziele dieser Studie ist es, sowohl die Oberflächenbedeckung als auch den Typ der funktionellen Gruppe zu kontrollieren.

Funktionalisierung kann in zwei Klassen aufgeteilt werden:

  1. Vorbehandlung: Die gewünschte funktionelle Gruppe nimmt bereits an der sol-gel Reaktion teil, sodass ein funktionalisiertes Gel entsteht.
  2. Nachbehandlung: Die Oberflächeneigenschaften des bereits produzierten Aerogels werden durch Funktionalisierungsreaktionen verändert

Jede Klasse zur Funktionalisierung stellt ihre eigenen Methoden und Anwendungen bereit, was ein breites Spektrum an Möglichkeiten der Oberflächenmodifikation von Aerogelen bietet.