Porous Lignous Organic Materials - Hochporöse Ligninmaterialien
Laufzeit: 24 Monate
Start: 01.10.2019
Beteiligte Partner: 8
Beteiligte Länder: Deutschland, Österreich
Gefördert durch: Deutsches Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi, ZIM) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages sowie durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Rahmen des IraSME-Förderprogramms
Koordination:
Technische Universität Hamburg
Institut für Thermische Verfahrenstechnik
Prof. Dr.-Ing. Irina Smirnova
Eißendorfer Straße 38
21073 Hamburg
Teilkoordination Österreich:
Universität für Bodenkultur Wien
Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe
Prof. Dr. Falk Liebner
Konrad Lorenz-Straße 24/I
A-3430 Tulln an der Donau
Das allgemeine Interesse an energieeffizientem und nachhaltigem Bauen steigt – nicht zuletzt aufgrund der drängenden Veränderungen bedingt durch Klimawandel und Ressourcenverknappung. Für ein schlüssiges, ökologisches Baukonzept (z.B. auf Basis von Holz) sind allerdings auch nachhaltige Dämmstoffe nötig. Hierbei kommt es schon lange nicht mehr allein auf eine nachhaltige Rohstoffquelle an; vielmehr besteht der Wunsch, den gesamten Lebenszyklus der Baustoffe von der Gewinnung bis zur sinnvollen Verwertung, das Zusammenspiel im Bau bei gleichzeitig hoher Performance sowie guter Verarbeitbarkeit zu berücksichtigen. Dies betrifft nicht nur den Einsatz in der Wanddämmung, sondern lässt sich im Bau auch auf Akustik und Formenbau ausweiten.
Bisherige Lösungen wie Stein-/Glaswolle (gute Dämmeigenschaften, nicht brennbar, jedoch hoher Energieaufwand bei der Herstellung und nicht bioabbaubar) oder Holzfasern (biobasiert und bioabbaubar, jedoch hohe Dichte und schlechte Dämm-wirkung sowie chemische Imprägnierung zum Flammschutz) erfüllen diese Anforderungen bisher nur unzureichend. Gängige Dämmlösungen und auch Verpackungsmaterialien basieren nach wie vor oftmals auf Polyurethanschäumen oder Polystyrol (EPS/XPS/Styropor). Innovative Ansätze scheitern bisher zumeist an mangelnder Skalierbarkeit, unzureichenden Eigenschaften oder zu hohen Herstellkosten
Dabei gibt es durchaus nachhaltige Rohstoffquellen, deren Potential für poröse Dämmstoffe, Baumaterialien und Verpackungen bisher nicht genutzt wird. Dies betrifft auch Lignin – ein Nebenprodukt der 2G-Bioethanolproduktion auf Basis von Holz, Stroh etc. sowie der Zellstoffherstellung, welcher jährlich im großen Tonnenmaßstab anfällt. Lignin ist zudem die einzige regenerative Quelle für phenolische Verbindungen, die in großem Maßstab zur Verfügung steht.
Als funktionaler Bestandteil neuer nachhaltiger Materialien ist Lignin vor allem aufgrund einiger seiner positiven Eigenschaften geeignet: Es ist ein natürliches Antioxidans/Alterungsschutz, tendenziell hydrophob sowie in seiner natürlichen Form thermisch sehr stabil und damit sogar ggf. als Flammschutz einsetzbar. Die Lignin-Eigenschaften lassen sich über die Pflanzenart, den Biomasse-Aufschluss-Prozess sowie das Downstream-Processing gezielt beeinflussen. Dennoch wird Lignin bisher nicht als Bestandteil kommerziell verfügbarer, schaumartiger Materialien eingesetzt. Hindernisse für den Einsatz solcher Lignine sind bisher vor allem die Partikelgröße und Partikelform des Lignins sowie eine unzulängliche Flexibilität des Biomasse-Aufschlusses.
Im deutsch-österreichischen Forschungsvorhaben POLIGOM (Porous Lignous Organic Materials - Hochporöse Ligninmaterialien) haben sich acht Partner aus Forschung und Industrie zusammengefunden, um erstmals innovative, ligninbasierte und vor allem auf die Bedürfnisse des Marktes zugeschnittene hochporöse Materialien für Konstruktion, Verpackung und Akustik zu entwickeln. Als exemplarische Einsatzgebiete wurden die Bereiche Lignin-Aerogele, Lignin-PU-Schäume und expandierte Lignin-Schäume mit Anwendung in Konstruktion, Akustik und Verpackung ausgewählt. Hierfür besteht im Konsortium Expertise im Bereich der Lignin-Gewinnung und -Charakterisierung, der Einstellung der Lignin-Partikeleigenschaften, der Polymerchemie, der Produktion und Vermarktung poröser Konstruktionsmaterialien (Aerogele, PU-Schäume, EPS etc.) sowie deren Verwendung in den angedachten Einsatzgebieten. Hiermit soll erstmals der Brückenschlag aus der Wissenschaft in die Wirtschaft für hochporöse Materialien auf Basis von natürlichem Lignin mit definierten Partikeleigenschaften gelingen.
Die verschiedenen Anwendungsgebiete stellen teilweise sehr unterschiedliche Anforderungen an die hochporösen Ligninmaterialien (z.B. Poreneigenschaften), welche im Rahmen dieses Projektes entwickelt werden sollen. Allen drei Anwendungsgebiete gemein sind jedoch die Anforderungen an die mechanische und thermische Beständigkeit bzw. Brennbarkeit sowie Lagerstabilität. In allen Fällen sind auch ein hoher Anteil biobasierter und, wenn möglich, bioabbaubarer Bestandteile sowie niedrige Produktionskosten wünschenswert. Weitere grundlegende Charakteristiken schließen Wärmeleitfähigkeit und Barriere-Eigenschaften, aber auch Farbe, Optik, Haptik, Geruch und Verfügbarkeit mit ein. All diese Eigenschaften lassen sich entlang der Produktionskaskade beispielsweise über die Biomasse-Basis und den Lignin-Herstellprozess sowie die Rezeptur und Verarbeitung gezielt beeinflussen. Ein Vorteil, den alle Anwendungen für die Lignin-basierten Produkte haben, ist, dass die braune Färbung durch das Lignin nicht zwangsläufig ein Problem darstellt, da sie in den meisten Fällen (z.B. durch den Wandaufbau) verdeckt sind.
Durch die vielseitige und fachlich verzahnte Zusammensetzung des Projektkonsortiums und nicht zuletzt durch die beteiligten Industriepartner besteht die Möglichkeit, die neuen Lignin-basierten Materialien gezielt bis zur Marktreife zu entwickeln, Prototypen herzustellen und eine erste Test-Produktion aufzunehmen.