Die Bedeutung der kognitiven Strategieforschung ergibt sich aus der Annahme, dass sich Strategien zunächst in den Köpfen der Manager ergeben. Prozesse der kognitiven Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen und deren „Einspeisung“ in die Organisation sind also formalen Strategieentwicklungen vorgeschaltet. Diese Perspektive gewinnt im Bereich des Strategischen Managements immer mehr an Bedeutung. Unsere Forschung bewegt sich hier z.B. im Rahmen der Betrachtung des Spannungsverhältnisses von Kultur und Managementkognitionen oder der Beziehung zwischen Kognitionen und strategischen Prozessen (vgl. Wrona/Ladwig/Gunnesch 2013).
Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der Frage, wie Klein- und Mittelunternehmen strategische Probleme wahrnehmen und welche Faktoren diesen Prozess beeinflussen oder erklären. Im Gegensatz zu Forschungen, die sich mit der Problemlösung befassen, setzen wir mit diesem Projekt eine Stufe früher an. Ausgangspunkt bildet dabei die Feststellung, dass „strategische“ Probleme das Management nicht „quasi-automatisch“ erreichen, sondern dass über das Problem an sich und seine Art und Eigenschaft eine hohe Ambiguität besteht. So gibt es Beispiele in der Praxis, dass etwa sehr erfolgreiche Unternehmen gar kein strategisches Problem erkennen oder lange Zeit die hohe strategische Relevanz unterschätzen (wie etwa die Musikindustrie im Zusammenhang mit der Digitalisierung).
Das vorliegende Projekt untersucht diese Fragestellung am Beispiel von Klein- und Mittelunternehmen, da diese eine Reihe zusätzlich interessanter Kontextbedingungen aufweisen, wie z.B. ihre Führungsstrukturen. Theoretisch basiert das Projekt auf individuellen und organisationalen Kognitionstheorien sowie auf performativen Ansätzen (vgl. Wrona/Ladwig 2012). Methodisch verfolgen wir einen qualitativen Forschungsansatz mit narrativen Interviews und der Erstellung kognitiver Karten auf individueller und kollektiver Ebene (vgl. Wrona/Ladwig/Gunnesch 2013).
Das Forschungsprojekt beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Frage, wie multinationale Konzerne auf den sozialen, politischen und rechtlichen Kontext reagieren, mit welchem sie im Zuge der Internationalisierung in Schwellenländer konfrontiert werden. Im Fokus steht die systematische Betrachtung von Nichtmarktstrategien, welche von uns als eine gezielt aufeinander abgestimmte Ausführung globaler Aktivitäten in einem sozialen, politischen und rechtlichen Kontext zur Erreichung von Unternehmenszielen verstanden wird.
Qualitative Feldforschung in ausgewählten Schwellenländern ist dabei integrativer Bestandteil des Forschungsprojekts. Die Analyse verschiedener Arten von Nichtmarktstrategien soll mittels theoriegeleiteter Aussagen über Determinanten des internen Unternehmenskontextes und der externen Unternehmensumwelt untermauert werden. Mit Hilfe einer strategischen Inhaltsperspektive sollen maßgebliche Einflussgrößen auf die Strategiebildung identifiziert und integrative Ansätze der Strategieformulierung betrachtet werden.
In der Managementforschung werden Rückzüge bis dato oftmals als einfache Umkehrprozesse gescheiterter Wachstumsstrategien verstanden. Mit dem hier behandelten Forschungsprojekt soll gezeigt werden, dass Rückzüge, die nicht rein reaktiv oder passiv erfolgen, sondern einer eigenen strategischen Logik folgen, für Unternehmen eine sehr wichtige und erfolgskritische Dimension ihrer Repositionierung sein können. Dabei verstehen wir Rückzüge sehr weit, d.h. neben vollständigen Rückzügen aus Produkt-/Markt-Kombinationen können auch allein Marktpositionen (Marktführung) oder Betätigungsformen (Joint Venture) aufgegeben bzw. zurückgeführt werden, die nicht zwingend zu einer Desinvestition führen müssen. Mit der Betrachtung verschiedener „Spielarten“ von Rückzügen soll eine umfassende theoretische Betrachtung des Phänomens erreicht, zugleich aber auch aus praktischer Perspektive das organisationale Handlungsrepertoire erweitert werden.
Es wird eine strategische Prozessperspektive eingenommen, die den eigentlichen Entscheidungsfindungsprozess bei Rückzügen nachzeichnet. Im Rahmen der Beschreibung und Erklärung von strategischen Rückzügen werden insbesondere die Rolle beteiligter Akteure auf verschiedenen Managementebenen und ihrer kognitiven Prozesse sowie die Bedeutung des internen und externen Kontexts berücksichtigt.
Anhand der Grounded Theory-Methodologie ist der Rückzugsprozess an verschiedenen Fällen qualitativ gleichermaßen zu rekonstruieren als auch zu kontrastieren.