Kerstin Schaefer
Thema: Kulturtechnik Fliegen. Eine Ethnografie des Unterwegsseins
Fach: Volkskunde/Kulturanthropologie
Betreuer: Prof. Thomas Hengartner
Status: in Arbeit
Zusammenfassung:
Aeromobil in der ganzen Welt unterwegs zu sein, ist für viele Menschen inzwischen alltäglich, denn seit den 70er Jahren gehört das Flugzeug zu einem unserer Massentransportmittel. Ausgelöst wurde diese Entwicklung einmal durch die technische Erfindung der Jets, die mehrere hundert Menschen transportieren konnten, und zum Zweiten aufgrund von organisatorischen Umstrukturierungen des Flugablaufs durch die sogenannten ‚Billigfluggesellschaften‘.
Alle sprechen von Globalisierung, doch wie wir tatsächlich fliegender Weise in der ganzen Welt unterwegs sind (beruflich, privat, freiwillig oder zwangsweise), wie das Lebensweisen und Lebensformen prägt, wie es Identitäten, Handlungsmuster und Routinen verändert – das alles ist kulturwissenschaftlich noch wenig untersucht.
Die Passagierluftfahrt hat nicht nur eigene technische Standards geschaffen, sondern auch eine eigene Ästhetik hervorgebracht. Vom abenteuerlichen, exklusiven und teuren Vergnügen hat sich Fliegen zu einem alltäglichen Phänomen entwickelt, was auch an den Gestaltungen abzulesen ist. Flughafen und Flugzeug sind niemals nur Durchgangsstationen und Transportmaschinen, sie sind vielmehr ästhetische Mikrokosmen, die in den vergangenen hundert Jahren eine eigene architektonische Form- und Symbolsprache, eine Welt mit eigenen Verhaltensregeln und sogar eine eigene Währung (Bonusmeilen) entwickelt haben (1). Und die Nutzer haben gelernt, diese zu verstehen. In den 1990er Jahren stellten Flughafen und Flugzeug für den französischen Soziologen Marc Augé noch Archetypen von identitätslosen „Orten der übermoderne” dar, in denen nichts Soziales stattfindet (2). Mehr als 15 Jahre später müssen Augés Perspektiven auf Transithaftigkeit neu angeschaut werden. Was gibt es nach dem jahrelangen Einüben des Fliegens an Deutungen, Umdeutungen, Verhandlungen und Aushandlungen? Was hat sich für eine Kultur des Fliegens entwickelt? Wie würde man Mobilität heute ethnografieren? Unterwegssein ist mehr als der Weg von A nach B und sollte als Zustand ernst genommen werden.
Gerade die übergeordnete Fragestellung des „Graduiertenkollegs Kunst und Technik” nach der Bedeutung von Material und Form, aber auch Fragen nach Standardisierungen, Raumordnungen und Geschwindigkeiten – immer von den sozialen Akteuren her gedacht – verspricht dem ebenso mobilen wie aufgeladenen Raum Flugzeug zwischen den Orten und Zeiten sowie den dadurch veränderten Mobilitäten unserer Zeit auf die Spur zu kommen.