Hintergrund
Ästuare wie die Tideelbe waren und sind eine der Lebensadern für das Hinterland. Entlang der Ästuare haben sich Siedlungen, Städte, Handwerks- und Industriebetriebe, Handel und Häfen angesiedelt und vielfach für eine prosperierende wirtschaftliche Entwicklung entlang der Ästuare gesorgt. Über Ästuare werden Verkehre von Menschen sowie Waren und Gütern in die Welt aber auch in das Hinterland abgewickelt. In Tideästuaren liegen aber auch wertvolle Biotope und Ökosysteme, die geschützt und erhalten werden müssen. Zudem dringen über die Tideästuare Sturmfluten in das Hinterland und verursachen dort ohne ausreichenden Schutz durch Deiche, Mauern, Überflutungsflächen- und Retentionsräume sowie Sperrwerke und Entwässerungsbauwerke enorme Schäden. Dies hat die Vergangenheit immer wieder leidvoll gezeigt. Aktuell ist das Schutzniveau gegen Sturmfluten entlang der deutschen Ästuare sehr hoch und in den letzten Jahren sind auch bei sehr schweren Sturmfluten (z.B. Xaver im Dezember 2013) nur vergleichsweise geringe Schäden aufgetreten. Als Konsequenz aus den vielfältigen Nutzungen auf der einen und den Erfordernissen des Hochwasserschutzes auf der anderen Seite, sind Ästuarsysteme infolge der damit einhergegangenen Anpassungsmaßnahmen heutzutage oftmals anthropogen stark überprägt.
Aus dem Klimawandel resultieren für Ästuarsysteme in Deutschland, Europa und weltweit vielfältige Konsequenzen. Eine Konsequenz aus dem zukünftig wahrscheinlich beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels (Abb. 1 und Abb. 2) und aus möglicherweise stärkeren und häufigeren Stürmen sind zukünftig steigende Sturmflutwasserstände in den Ästuaren. Hierdurch werden die Belastungen auf die Küstenschutzbauwerke erhöht und die Wahrscheinlichkeit von Überflutungen steigt an. Zudem werden als Folge höherer Wasserstände in den überfluteten Gebieten die Schäden größer. Insgesamt steigt ohne entsprechende Anpassungsmaßnahmen das Risiko in den überflutungsgefährdeten Gebieten an.
Zielsetzung
Das Vorhaben TideelbeKlima verfolgt vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Klimawandels das Ziel, die denkbaren Optionen für den Hochwasserschutz der Zukunft im tidebeeinflussten Bereich der Elbe dem Grunde nach zu identifizieren und zu analysieren sowie diese aus wasserbaulicher, wasserwirtschaftlicher, ökologischer und ökonomischer Sicht vergleichend zu bewerten. Auf Grundlage der Bewertung werden dann im Vorhaben Handlungsoptionen für die Zukunft abgeleitet. Die Tideelbe wurde als größtes deutsches Tideästuar mit der Stadt Hamburg und der daran anschließenden Metropolregion Hamburg als beispielhaft auch für die anderen deutschen Tideästuare für die Untersuchungen ausgewählt. Das Projektgebiet umfasst die potentiell aktuell und zukünftig überflutungsgefährdeten Niederungsgebiete im Bereich der Tideelbe (Abb. 3).
Arbeitsplan
Die Untersuchungen liefern eine Grundlage zur Analyse und Bewertung von möglichst konkreten Anpassungsoptionen zur Minderung der Folgen des Klimawandels für den Hochwasserschutz im Bereich der Tideelbe sowie zur Übertragung auf andere deutsche Ästuare. Im Wesentlichen werden die folgenden Zeithorizonte betrachtet:
- „Nahe Zukunft“ (bis ca. 2050)
- „Ferne Zukunft“ (bis ca. 2100)
- „Ausblick 2200“ (bis ca. 2200)
Wichtig ist hierbei auch die Betrachtung eines „Ausblicks 2200“, da Hochwasserschutzanlagen als Teil der kritischen Infrastruktur immer für lange Zeiträume geplant und umgesetzt werden. Typisch sind hier Planungshorizonte von mindestens 50 bis eher 100 Jahren. D.h. bezogen auf den Hochwasserschutz, dass die Planung und Umsetzung von Hochwasserschutzanlagen in der nahen Zukunft, Entwicklungen der fernen Zukunft mit berücksichtigen müssen und zudem einen „Ausblick 2200“ nicht außer Acht lassen dürfen.
Auf der Grundlage der prinzipiellen Strategien (Abb. 4) für den Küstenschutz werden grundsätzliche Hochwasserschutzmaßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel abgeleitet und im Bereich der Tideelbe verortet. Hierbei wird die komplette Breite möglicher Hochwasserschutzlösungen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels betrachtet:
- Naturbasierte Lösungen - Raum für das Wasser schaffen und (lokal) Überflutung zulassen
- Verbesserung / Verstärkung des linienförmigen technischen Hochwasserschutzes
- Verbesserung der Resilienz durch angepasste / resiliente Bauweisen in den überflutungsgefährdeten Gebieten
- Punktueller Hochwasserschutz zur Begrenzung der mit einer Sturmflut einlaufenden Wassermenge
- Optionen für die Hinterlandentwässerung
Die Fragestellung wird im Vorhaben TideelbeKlima zunächst aus wasserbaulich/ wasserwirtschaftlicher Sicht erörtert und technisch aus Sicht der Geotechnik bewertet. Darauf aufbauend werden dann die ökologischen und ökonomischen Analysen und Bewertungen durchgeführt. Die Erkenntnisse werden dann inter- und transdisziplinär (Projektteam, Fachbehörden und weitere Expertengremien) weiter kondensiert und verglichen. Zudem wird die grundsätzliche Machbarkeit der Lösungen analysiert, es werden Handlungsoptionen abgeleitet und die entwickelten Werkzeuge, Methoden und multikriteriellen Bewertungsschemata werden für die Anwendung auf andere deutsche Ästuare aufbereitet.
TP1: Bestandsaufnahme – Baseline Definition
TP2: Klimawandel und Auswirkungen auf den Hochwasserschutz im System Tideelbe
TP3: Anpassungsstrategien und –maßnahmen im Hochwasserschutz
Auswirkungen von Strategien und Maßnahmen auf
TP4: Wasserbau und Wasserwirtschaft
TP5: Ökologie
TP6: Ökonomie
TP7: Konzeptvergleich, grundsätzliche Machbarkeit und Übertragung auf andere (deutsche) Ästuare
TP8: Koordination
Projektdurchführung
- Institut für Wasserbau, TU Hamburg (Koordinator)
- Institut für Geotechnik und Baubetrieb, TU Hamburg
- Institut für Geo-Hydroinformatik, TU Hamburg
- Institut für Geoökologie, Abteilung Landschaftsökologie und Umweltsystemanalysen, TU Braunschweig
- Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) GmbH
Ansprechpartner:
- Projektleitung: Prof. Dr.-Ing. Peter Fröhle, Dr.-Ing. Natasa Manojlovic
- Projektbearbeitung: M.Sc. Yohannis Tadesse, M.Sc. Philipp Jordan
Förderung: | Gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages | |
Projektträger: | Umweltbundesamt (UBA) | |
Förderprogramm: | Gefördert aus dem Ressortforschungsplan des UBA/BMU | |
Förderkennzeichen: | 3721 48 205 0 | |
Laufzeit: | 15.11.2021 - 14.11.2024 | |
Projektbudget: | 2,936 Mio. € |