Wir trauern um Prof. Dr. Lars Sjöstedt

08.03.2023

Wir nehmen Abschied von Prof. Dr.-Ing. Lars Edvard Sjöstedt, der am 21. Februar 2023 nach langjähriger Krankheit verstarb.

Der im Jahr 1939 geborene Sjöstedt studierte Technische Physik und promovierte 1971 zum Thema „Zentrale Steuerung von Verkehrsampeln“ an der KTH Stockholm. Dort war er im Anschluss auch kurzzeitig Professor für Verkehrsplanung.

Parallel zur akademischen Karriere war Lars Sjöstedt für die Industrie tätig. Hervorzuheben sind seine Aktivitäten bei der Entwicklung von hochtechnologischen Stirling-Motorensystemen beim Unternehmen United Stirling (1978 – 1980) und beim schwedischen Hochgeschwindigkeitszug X2000 in der zentralen Entwicklungsabteilung der schwedischen Staatsbahn. In diesem Zuge erhielt Lars Sjöstedt von 1974 bis 1979 eine außerordentliche Professur für Eisenbahntechnik an der TU Linköping und war bis 1994 Mitglied im Vorstand des Fahrzeugherstellers „Kalmar Verkstad“.

Von 1980 bis 2000 hatte Lars Sjöstedt die Professur für Transporttechnik und Logistik an der Technischen Universität Chalmers in Göteborg, Schweden, inne. In dieser Zeit war er unter anderem schwedischer Programmleiter des vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) initiierten großen internationalen Forschungsprogrammes „The Future of the Automobile“ (1980 – 1984) und wissenschaftlicher Leiter der Euro-CASE-Studie: „Mobility, Transport and Traffic in the perspective of Growth, Competitiveness, Employment“ (1995 – 1996), eine Vorarbeit für das 5. EU-Rahmenprogramm. Prof. Sjöstedt war ein gewähltes, permanentes Mitglied der Schwedischen Akademie für Ingenieurwissenschaften und Vorstandsmitglied mehrerer Organisationen auf dem Gebiet Transport und Logistik.

Lars Sjöstedt, 1969. Fotograf: okänd, Järnvägsmuseet. License: Attrbution-ShareAlike (CC BY-SA). Quelle: https://digitaltmuseum.se/021018073692/lars-sjostedt-uat

Im Dezember 1998 reduzierte er seine Professur an der TU Chalmers in Göteborg und übernahm die Professur für „Europäische Verkehrssysteme und internationales Logistikmanagement“ am damals neu gegründeten Arbeitsbereich Verkehrssysteme und Logistik an der TU Hamburg-Harburg, die er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2004 innehatte. In dieser Zeit war er zudem Sprecher des European Centre for Transport and Logistics (ECTL) mit dem visionären Ziel, die damals separat betrachteten Bereiche von (Personen-)Verkehr und Logistik (Güterverkehr) zusammenzuführen und durch Kooperation mit externen Partnern langfristig tragfähige Verkehrs- und Logistiklösungen zu entwickeln.

Einen wesentlichen Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit bildete folgerichtig die von Sjöstedt sogenannte Überschreitung der Transportdiagonalen. Im Mittelpunkt dieser Forschung stand die Entwicklung eines konzeptionellen Systemmodells, das die Systemelemente und deren Beziehungen integriert. Dies sollte es erlauben, die relevanten Akteure besser zu verstehen und das System zu gestalten. Sein Beitrag zur generischen Analyse und Beschreibung des Verkehrs- und Logistiksystems ist weitaus größer, als es die internationale Publikationslage widerspiegelt. Gerade seine heute selbst als Lehrende wirkenden Doktorkinder in Schweden und Deutschland hat Lars Sjöstedt mit seiner Art auf das System zu schauen so beeinflusst, dass dieser Zugang auch an nachfolgende Studierendengenerationen weitergegeben wird. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

The complementary subsystems of logistics and transportation
The complementary subsystems of logistics and transportation

Die Verkehrswissenschaft verliert mit Lars Sjöstedt einen leidenschaftlichen Wissenschaftler, dem das Denken über Disziplingrenzen zur Gestaltung des Verkehrssystems innewohnte und bis zum Schluss umtrieb. Als Lehrer und Forscher war er immer an den Gedanken seines Gegenübers interessiert. Fachliche Diskussionen profitierten von seinem Hang zum Humor und wurden dadurch immer anregend, nie verbissen geführt. Seine liebenswerte Art und Freude am Singen hat er in das Institut hineingetragen, uns alle zum Mitmachen animiert, was nicht nur an Geburtstagen den Institutsalltag sehr bereichert hat.

Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Familie. Auch wenn der gebürtige Schwede zuletzt in der Nähe von Hannover lebte, blieb er zugleich seinem Heimatland immer verbunden und wird dort seine letzte Ruhe finden.

Prof. Dr. Lars Sjöstedt
Quelle: privat von Kerstin Sjöstedt-Hellmuth, Berlin 2019