Name, Vorname: Borgeest, Kai
Nationalität: deutsch
Stadt, Land: Aschaffenburg, Bayern
Studiengang, Abschluss: Elektrotechnik (Technische Informatik)/Diplom, Promotion
Abschlussjahr: 1993, Promotion 1998
Arbeitgeber, Position: zunächst Robert Bosch GmbH, Stuttgart, Entwicklungsingenieur und Projektmanager, seit 2003 Hochschule Aschaffenburg, Professor für Fahrzeugmechatronik
Warum haben Sie sich damals für die TUHH entschieden und war das aus heutiger Sicht gut?
Vorher studierte ich an einer Massenuniversität mit einer damaligen Durchschnittsstudiendauer von fast 16 Semestern. An der kleinen Uni TUHH klappte das inklusive Auslandsaufenthalt in der Regelzeit.
Können Sie sich an den ersten Eindruck erinnern, die die TUHH auf Sie gemacht hat?
Zwar wurde während des damaligen Aufbaus noch viel improvisiert, ich erinnere mich z. B. an die Ratten, die sich im ehemaligen Ballsaal der Eichenhöhe offenbar ebenfalls für Regelungstechnik interessierten und durch die Vorlesung huschten, trotzdem machte die TUHH einen familiären und auch modernen Eindruck. Dieser insgesamt positive Eindruck bestätigte sich im Laufe des Studiums.
Was war Ihre Motivation dieses Studienfach und diesen Beruf zu wählen?
Heute würde ich Mechatronik wählen, damals kamen deshalb Elektrotechnik und Maschinenbau für mich in Betracht. Ich wollte das, was ich als Jugendlicher zusammengebastelt, zerlegt oder repariert hatte, tiefer verstehen und dabei gute berufliche Perspektiven haben.
Wie würden Sie Ihre Zeit an der TUHH zusammenfassen?
Zunächst war vieles da, wo man einfach „durch“ musste, wofür das gut war, habe ich erst später gelernt. Als dann in den höheren Semestern der Praxisbezug zunahm, hat es immer mehr Spaß gemacht. Schön war eine freundliche, optimistische Grundstimmung.
Ihr Lieblingsessen in der Mensa?
Mit einer Flasche „Extra Hot Chili Sauce“ in der Tasche fast alles.
Wo haben Sie in Hamburg/ Harburg neben dem Studium am liebsten Ihre Zeit verbracht?
Eher nördlich der Elbe, die letzte S-Bahn fuhr allerdings damals ziemlich früh. Richtig kennen gelernt habe ich Hamburg erst als Tourist, seitdem ich nicht mehr dort wohne.
Was sind Ihre Tipps für einen guten Berufseinstieg in Ihrer Branche?
Breite Kenntnisse, auch außerfachlich (z. B. Ausland, gesellschaftliches Engagement). Im Studium Klausuren gegen die Uhr auf Note zu trainieren, mag gut für die Note sein, in der Industrie ist hingegen nicht mehr gefragt, Standardklausuraufgaben auf Zeit zu rechnen, da ist wichtiger, dass man alles verstanden hat und anwenden kann.
Was nutzen Sie aus dem Studium für Ihren Beruf?
Erstaunlich viel, mehr als die oft erwähnten 10 %, was man genau braucht, weiß man aber fast immer erst später im Beruf. Wichtig ist, viel zu verstehen, reines Faktenwissen kann man bei Bedarf immer noch nachschlagen.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie aus und welche Kompetenzen brauchen Sie dafür?
Leider erst einmal viel Bürokratie, Email-Pingpong und Papier (Tendenz mit jeder Reform steigend), aber das ist in fast jedem Job so, auch in der Industrie. Wichtigste Kompetenz ist, dafür zu sorgen, dass diese Tätigkeiten nicht zuviel Produktivzeit vernichten und dass Unvermeidliches aus diesen Kategorien trotzdem fristgerecht erledigt ist (Zeitmanagement). Es gab aber gerade während des Aufbaus der damals neuen Hochschule Aschaffenburg sehr spannende Aufgaben in der Selbstverwaltung, ich konnte dabei vieles gestalten. Das hat viel Zeit und Mühe gekostet, war aber sehr interessant. Wichtigste Kompetenzen dabei: Kreativität und Durchhaltevermögen auch bei scheinbar unüberwindlichen Hindernissen.
Die angenehmsten Dinge sind Lehre und Forschung. Da ist kein Tag wie der andere und das ist gut so. In der Lehre muss ein profundes Fachwissen vorhanden sein, noch viel wichtiger ist aber, dass man Spaß an der Lehre hat und den Mut, auch mal Lernformen jenseits der klassischen Vorlesung auszuprobieren. Die Forschung findet an Fachhochschulen unter erheblich schwierigeren Bedingungen als an Universitäten statt, die meisten FH-Professoren forschen deshalb nicht. Ich tue es soweit möglich, die wichtigste Kompetenz ist deshalb die Fähigkeit, zu improvisieren. Themenschwerpunkte sind derzeit die Regelung von Verbrennungsmotoren (keine einfachen LTI-Systeme) und mobile Robotik, daneben vertrauliche Aktivitäten mit der Industrie. Fachlich ist hier die Breite wichtig, weil viele aktuelle Fragestellungen interdisziplinär sind, im Vordergrund stehen aber die Regelungstechnik, eingebettete Systeme und die praktischen Unterschiede zwischen der idealen und der realen Elektronik (z. B. EMV, thermische Probleme).
Wenn Sie Präsident der TUHH wären…
... ich glaube, die TUHH hat den richtigen Präsidenten. Ich würde vieles ähnlich machen, insbesondere die qualitative Bedeutung der Lehre stärken.