Publications 2010

[57651]
Title: Politische Rahmenbedingungen und technische Möglichkeiten beim Schiffbau zum Schutz des Klimas.
Written by: Stefan Krüger, Lennart Pundt
in: <em>Hamburg</em>. (2010).
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Abstract: Im Auftrag der Delegation DIE LINKE. im Europaparlament hat das Institut für Entwerfen von Schiffen und Schiffssicherheit der TU Hamburg-Harburg grundlegende Untersuchungen zu den politischen Rahmenbedingungen und technischen Möglichkeiten beim Schiffbau zum Schutz des Klimas durchgeführt. Dabei wurde zunächst festgestellt, dass es derzeit keine erkennbare langfristige Strategie gibt, die fossilen Energieträger in der Schifffahrt durch andere Energieträger zu ersetzen. Daher können sich unsere Untersuchungen nur darauf beschränken, Maßnahmen zu identifizieren, welche zur massiven Energieeinsparung in der Schifffahrt führen würden. Damit kann wenigstens die Zeitspanne gestreckt werden, bis alternative Energieträger in der Schifffahrt verwendet werden könnten. Es konnte gezeigt werden, dass alleine das erwartete Flottenwachstum die technisch erzielbaren Erfolge mehr als kompensieren wird, so dass die nutzbaren Möglichkeiten der Technik nicht zu einem positiven Effekt auf den Klimawandel führen werden, wenn nicht grundsätzlich gegengesteuert wird. Dies kann nur erfolgen, wenn die vor allem fahrende Flotte und nicht nur zukünftige Neubauten zum Energiesparen verpflichtet werden. Es konnte ferner gezeigt werden, dass der überwiegende Anteil von technischen Möglichkeiten der Energieeinsparung auf Schiffen gleichzeitig deren Wirtschaftlichkeit massiv erhöhen würde. Es wurde aber auch festgestellt, dass die maritimen Märkte solche Produkte derzeit nicht annehmen, weil nur in sehr kurzfristigen wirtschaftlichen Perspektiven gehandelt wird. Der Ansatz der Lebenszykluskosten wird von den Märkten insgesamt nicht aufgenommen. Daraus entstehen erhebliche Innovationshemmnisse gerade für den deutschen Schiffbau. Es konnte gezeigt werden, dass diese Innovationshemmnisse nur abgebaut werden können, wenn hier regulierend eingegriffen wird. Dies könnten alle denkbaren Maßnahmen sein, welche den Energieträger ausreichend verteuern. Es konnte gezeigt werden, dass die breite Anwendung technischer Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz gerade den deutschen Seeschiffswerften und den wesentlichen Zulieferern für die von ihnen vertretene Produktpalette erhebliche Chancen bietet. Dadurch könnten die Arbeitsplätze langfristig gesichert werden. Vergleichbares gilt für sicherheitstechnische Entwicklungen zum Schutz menschlichen Lebens in der Schifffahrt. So bildet die Notwendigkeit, in Zukunft sicherere und umweltverträglichere Schiffe anbieten zu müssen, von der technischen Sachlage her eine Zukunftssicherung für die deutsche Schiffbauindustrie. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das technische Wissen nicht wie bisher nach Fernost abfließt. Es konnte ferner gezeigt werden, dass wirklich energieeffiziente Schiffe nur dann entstehen können, wenn die Energieeffizienz bereits in der frühen Produktentwicklungsphase gezielt durch den Entwurf in das Schiff eingebracht wird. Das setzt eine symbiotische Zusammenarbeit zwischen Werft, Betreiber und den wesentlichen Zulieferern voraus. Um diese langfristig erreichen zu können, sind weiterhin erhebliche Anstrengungen in Forschung und Entwicklung nötig. Hierzu muss eine geeignete Infrastruktur erhalten bleiben. Demgegenüber steht die aus technischer Sicht unbefriedigende Entwicklung der internationalen schiffbaulichen Regelwerke. Hier konnte am Beispiel der von der IMO implementierten Energieeffizienzregeln eindeutig gezeigt werden, dass diese Entwicklung den möglichen Wettbewerbsvorteil für die deutsche Industrie in das Gegenteil verkehrt: Durch diese Regelwerke werden speziell die wettbewerbsfähigen Schiffe der europäischen Schiffbauindustrie aufgrund von technisch nachweisbaren Fehlern in den grundlegenden Annahmen so massiv bestraft, so dass es langfristig zu einem deutlichen Arbeitsplatzabbau im europäischen Schiffbau kommen muss. Dagegen kann auch ein deutlicher technischer Vorsprung nichts ausrichten. Hierzu müssen alternative Konzepte erarbeitet werden, welche im Rahmen von EU-Regelungen greifen könnten, wenn es nicht gelingen sollte, die Implementierung dieser Regeln noch zu verhindern. Im Rahmen des Themenkomplexes „Energieeffizienz“ ist auch die Rolle der Klassifikationsgesellschaften zu hinterfragen, welche die in Kraft tretenden Energieeffizienzregeln nach derzeitiger Lesart als alleinige Institutionen zertifizieren sollen. Es konnte im Rahmen der Studie nachgewiesen werden, dass genau dann das Gleichgewicht der schiffbaulichen Produktentwicklung gestört werden würde, wenn nicht auch andere Institutionen als Zertifizierer für Energieeffizienz zugelassen werden würden.