Fortbildungsveranstaltung der Arbeitsgruppe Fachreferat Naturwissenschaften vom 3. - 4. März 1997 in Berlin
Anläßlich der 26. Arbeits- und Fortbildungstagung der ASpB/Sektion 5 im DBV fand am 3. und 4. März 1997 in Berlin eine Fortbildungsveranstaltung der Arbeitsgruppe Fachreferat Naturwissenschaften (AGFN) in Zusammenarbeit mit der Kommission für Fachreferatsarbeit des Vereins Deutscher Bibliothekare an der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität statt.
Erstmalig hatten sich Kolleginnen und Kollegen am Rande der ASpB-Tagung in Hamburg 1995 zu einem Workshop getroffen. Die Resonanz war damals so groß, daß ein weiteres Treffen anläßlich der diesjährigen Tagung der ASpB ins Auge gefaßt wurde. Der Einladung der beiden Organisatoren Thomas Hapke (UB TU Hamburg-Harburg) und Klaus Oberdieck (UB Braunschweig) folgten dieses Mal mehr als 40 Fachreferentinnen und Fachreferenten der Naturwissenschaften an Bibliotheken in Deutschland.
Die Anmeldung zur Tagung erfolgte weitgehend über Internet und World Wide Web, und die abgehandelten Themen befaßten sich dann auch mit Internet, World Wide Web und den elektronischen Fachinformationsdiensten.
Nach der Begrüßung durch Dr. Norbert Martin (UB der Humboldt- Universität) und Thomas Hapke sowie einer kurzen Einleitung durch Klaus Oberdieck, berichtete Dr. Helmut Oehling (UB Stuttgart) über aktive Fachinformation mit einem Benutzerschulungsprogramm für Angehörige einer großen Chemie-Fakulät. Im Anschluß stellte er ein Thesenpapier zur Zukunft der Fachreferatsarbeit vor. Danach ist der Fachreferent an der Bibliothek der einzige Mitarbeiter der Universität, der das gesamte Spektrum der Fachinformation kennt und als Ressource zur Verfügung hat.
Dietlinde Nicolin (UB Kaiserslautern) berichtete über ein Schulungsprogramm zum Recherchieren in Online-Datenbanken. Im Rahmen von Festpreisabkommen und akademischen Programmen werden wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende höherer Semester ohne weitere Selbstkostenbeteiligung von Fachreferentinnen und Fachreferenten der Naturwissenschaften an der Universitätsbibliothek Kaiserslautern zum selbständigen Recherchieren angeleitet.
Klaus Oberdieck ging auf die drastischen Preissteigerungen naturwissenschaftlicher Zeitschriften ein, die Bibliotheken zu einschneidenden Abbestellaktionen zwingen. Abhilfe könnte hier eine, nicht nur auf Länder-, sondern auch auf Verbundebene bezogene koordinierte Zeitschriftenerwerbung bieten (inkl. elektronischer Dokumenten-Bestellung und -Lieferung). Die Bildung von Konsortien bei Abonnements oder auch Drittmittel-Sponsoring wäre eine weitere Möglichkeit der Kostensenkung.
Thomas Hapke und Dieter Laßke (ULB Halle) berichteten über ihre Erfahrungen mit der elektronischen Dokumentenlieferung. Wichtig ist hier vor allem eine gute Organisation der automatischen Leitwegfestlegung, so daß vom Endnutzer die Fernleihe selbständig ausgeführt werden kann. Die Gefahren der Abbestellung teurer Zeitschriften bei gleichzeitig verstärkter Inanspruchnahme von elektronischen Dokumentendiensten wurden zur Diskussion gestellt.
Am Nachmittag ging es dann mit einem Vortrag von Dr. Bernd Fichte (UB der Humboldt-Universität Berlin) über ein an dieser Bibliothek entwickeltes Etatverteilungsmodell weiter. Dieses Modell berücksichtigt einerseits die Preisentwicklung in den einzelnen Fächern und andererseits, unterschiedlich gewichtet, die Anzahl von Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studierenden bei der Etatverteilung.
Weiterhin gab es von Thomas Hapke Ratschläge über die Gestaltung von Webseiten der eigenen Bibliothek, wobei hier besonders die Visualisierung von Informationen zu beachten ist, die im WWW anders gestaltet werden muß als in Printmedien.
Zum Schluß berichtete Dr. Klaus Hilgemann (UB Münster) als Vorsitzender der Kommission Fachreferatsarbeit im Verein Deutscher Bibliothekare über das Thema "Telebibliothek: Was tun die Bibliothekare eigentlich noch?" Das Arbeitsfeld der in den Bibliotheken tätigen Fachreferenten muß neu definiert werden. Da ab 1998, zumindest in Nordrhein-Westfalen, Fachwissenschaftler ohne bibliothekarische Zusatzqualifikation eingestellt werden können, bleibt die Notwendigkeit einer bibliothekarischen Ausbildung für das Fachreferat fragwürdig. In der Diskussion wurde nicht nur der hohe Stellenwert des Fachstudiums im naturwissenschaftlichen Fachreferat hervorgehoben, sondern auch eine höhere Besoldung für Fachreferatsarbeit gefordert.
Die Führung durch die Zentralbibliothek der Humboldt-Universität beendete die Tagung der AGFN, die tags zuvor mit einem Rundgang durch das Universitätsgelände unter der fachkundigen Leitung des Chemiehistorikers Dr. Michael Engel (UB der Freien Universität Berlin) begonnen hatte.
Nicht nur die Diskussionen im Anschluß zu den Vorträgen führten zu regem Erfahrungsaustausch, sondern auch die Gespräche beim gemeinsamen Abendessen am Tag zuvor und in den Pausen dieses gelungenen Workshops.
Dank gilt sowohl Thomas Hapke und Klaus Oberdieck für die gelungene Organisation dieser Tagung, als auch Dr. Bernd Fichte und Dr. Norbert Martin, die es ermöglichten, daß die Veranstaltung in der Zentralbibliothek der Humboldt-Universität stattfinden konnte. Für Interessierte, die keine Gelegenheit hatten, an diesem Workshop teilzunehmen, sind die Vorträge und auch die Thesen zur aktiven Fachreferatsarbeit im WWW unter http://www.tu-harburg.de/b/hapke/agfn.html nachzulesen.
Der nächste Workshop der AGFN ist für 1999 geplant.
Dietlinde Nicolin, UB Kaiserslautern