Ziel dieses Vorhabens ist die Entwicklung einer auf erneuerbaren Energien basierenden Klimatisierung für den Grund- und insbesondere den Spitzenlastfall. Am Institut für Technische Thermodynamik ist dazu eine Pilotanlage zur Untersuchung eines geothermisch- und sorptionsgestützten Klimatisierungsprozesses vorhanden. Die Trennung von Kühlung und Entfeuchtung durch die sorptionsgestützte Klimatisierung reduziert dabei zunächst die Lastspitzen des Kältebedarfs. Zusätzlich kann durch die erstmalige Verwendung von dynamisch regelbaren Erdreichwärmeübertragern (EWÜ) die Kühlleistung kurzfristig erhöht und damit die verbleibenden Lastspitzen gedeckt werden. Sowohl die an der TUHH selbst entwickelten innovativen EWÜ als auch die sorptionsgestützte Klimaanlage sowie deren Zusammenspiel werden dabei detailliert untersucht. Sollten trotz der zusätzlichen Kühlleistung unbehagliche Raumluftzustände auftreten, werden zusätzlich sogenannte Phasenwechselmaterialien (PCM) als Backup-System verwendet.
Die Aufgabe einer Klimaanlage besteht im Sommer in der Abkühlung und der Entfeuchtung der Außenluft. In einem konventionellen Prozess wird die Luft daher zunächst unter die Taupunkttemperatur abgekühlt, um einen Teil des enthaltenen Wasserdampfs zu kondensieren und abzuscheiden. Im Anschluss muss die Zuluft auf das gewünschte Temperaturniveau erwärmt werden. Im Gegensatz zu solchen konventionellen Systemen nutzen sorptionsgestützte Klimaanlagen hygroskopische Stoffe wie z. B. Lithiumchlorid, um die Luft zu entfeuchten. Entfeuchtung und Kühlung sind daher nicht mehr gekoppelt, der notwendige Kältebedarf sinkt erheblich und höher temperierte Wärmesenken (ca. 16 bis 19 °C) können verwendet werden. Dies begünstigt den effizienten Einsatz natürlicher Wärmesenken wie z. B. oberflächennaher Geothermie. Obwohl das sorptionsgestützte System durch Trennung von Kühlung und Entfeuchtung Spitzenlasten des Kältebedarfs bereits erheblich reduziert, bleibt in diesem Zusammenhang die Abdeckung von Spitzenlasten problematisch. In selten auftretenden längeren Zeiträumen mit konstant hohem Kühlbedarf sowie bei zeitlich begrenzt auftretenden Lastspitzen durch innere oder äußere Einflüsse ist zur Einhaltung behaglicher Raumluftzustände eine entsprechende Überdimensionierung des geothermischen Systems erforderlich. Die an das Erdreich übertragene Energiemenge ist bei herkömmlichen EWÜn nur begrenzt über den Volumenstrom zu beeinflussen. Dies gilt sowohl für einen stationären Betrieb als auch für einen instationären Betrieb, bei dem der Massenstrom abrupt angehoben wird.
In dem Forschungsvorhaben Dyn-GSGK soll die Problematik der Abdeckung von Lastspitzen im Sommer erstmalig untersucht werden, indem die beiden patentierten Verfahren der sorptionsgestützten Entfeuchtung mit anschließender Erdreichkühlung (Antragsteller Prof. Dr.-Ing. Schmitz, EU-Patent 1368596) und der Luftinjektions-EWÜ (Antragsteller Prof. Dr.-Ing. Grabe, EU-Patent 09401001.4-2301) kombiniert werden. Das sorptionsgestützte Lüftungsgerät federt dabei zunächst Lastspitzen ab.
Die verbleibenden Bedarfsspitzen können dann vom Luftinjektions-EWÜ durch dessen gutes dynamisches Ansprechverhalten abgedeckt werden. Der Luftinjektions-EWÜ nutzt eine gezielte künstlich induzierte Grundwasserströmung, um die Leistungsabgabe der Last anzupassen. Mit dieser Technik kann die übertragbare Leistung innerhalb weniger Sekunden verändert werden. Im Gegensatz zu bestehenden geothermischen Systemen, die träge auf Laständerungen reagieren und in ihrer übertragbaren Leistung kaum zu steuern sind, kann auf eine Überdimensionierung des geothermischen Systems verzichtet werden. Zusätzlich kann durch eine gezielte Vorkühlung der Prozessluft durch das geothermische System der erforderliche Energiebedarf der sorptiven Entfeuchtung reduziert werden. Zusätzlich kann im Fall von unbehaglichen Raumluftzuständen lokal die thermische Behaglichkeit durch PCM erhöht werden. Das PCM wird in einer makroverkapselten Bauweise mit Luft durchströmt und entzieht dem Luftstrom durch den Phasenwechsel von fest nach flüssig Energie in Form von Wärme. Lokal kann so das Temperaturniveau abgesenkt und die Behaglichkeit erhöht werden.
Des Weiteren wird erstmals auch das Verhalten des Gesamtsystems im Winterbetrieb untersucht. Im Hinblick auf eine ausgeglichene Energiebilanz im Jahresverlauf ist die Nutzung des Erdreichs als Wärmequelle in Verbindung mit einer erdreichgekoppelten Wärmepumpe sinnvoll. In diesem Zusammenhang wird die Nutzung des vorhandenen Flächenwärmeübertragers im Deckenbereich zur Einstellung behaglicher Raumluftzustände untersucht. Zusätzlich wird die mögliche Rückbefeuchtung mittels des vorhandenen hygroskopischen Materials zur Anhebung der Raumluftfeuchte im Winter betrachtet. Bei entsprechenden Lasten kann auf die in konventionellen Klimatisierungssystemen benötigte zusätzliche Anlagentechnik zur Befeuchtung verzichtet werden.
Projektleitung: Prof. Dr.-Ing. Gerhard Schmitz, Institut für Technische Thermodynamik
Projektpartner: Prof. Dr.-Ing. Jürgen Grabe, Institut für Geotechnik und Baubetrieb
Ansprechpartner: Finn Richter, M. Sc., finn.richter@tuhh.de
Förderkennzeichen: 03ET1421A
Laufzeit: 01.08.2016 – 31.10.2020
Projektträger: PJT, Jülich
Förderung: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie