M E N S C H E N und es wurde stark hinterfragt, wo es mit der TU überhaupt hingeht. Ich glaube, dass es uns gelungen ist, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu halten und zu stärken. Wir wollten es gemeinsam schaffen und das haben wir. Dass wir 25 Prozent mehr Bachelor-Anfänger erreichen konnten und den den zweiten Son- derforschungsbereich gewonnen haben, sind sehr große Erfolge. So etwas geht nur zusammen. Wenn wir jetzt noch das Exzellenzcluster schaffen, würde mich das sehr stolz machen. Wir sehen unsere Erfolge aber in der gesamten Breite der Hochschule. Dafür müssen alle mitziehen, es geht nur zusammen. Wie wichtig ist es dabei als Universität, sich die Akzeptanz der Gesellschaft zu sichern? Wir werden aus Steuergeldern finanziert, und die Bürger sollen das sinnvoll finden. Deshalb müssen wir erklären, was wir machen. Das ist der eine Aspekt. Der andere ist, dass wir eine gesellschaftliche Diskussion über Themen wie Mo- bilität, Klimaschutz oder Energiewende führen, in der die Fachlichkeit häufig aus- geblendet wird. Die Erkenntnis zu schaffen, dass man sich aus der TU fundierte Einschätzungen holen kann, diese Aufgabe wird immer wichtiger. Wie wichtig sind Wirtschaftskooperationen und profitiert der Standort Ham- burg davon? In den Ingenieurwissenschaften beschäftigen wir uns in der Regel mit tech- nischen Systemen und Lösungen. Wir wollen die Dinge einfacher und effizienter machen. Wenn diese Lösungen dann in der Industrie eingesetzt werden können oder durch ein Startup realisiert werden können, dann freuen wir uns. Das ist ja auch der Sinn der Verbesserungen. Daher profitiert auch der Standort. Wir arbeiten in Verbundprojekten, betreiben Auftragsforschung und unterstützen Ausgründungen, das halte ich für ein gesundes System. Gilt es, Startups besonders zu fördern? Man muss die Gründungswilligkeit unterstützen, wir haben mit dem Star- tup Port ein gutes Unterstützungsangebot, können aber noch besser werden. Es könnten beispielsweise noch mehr Flächen für Startups in unmittelbarer Nähe der TU geben. Wir haben aber TU-Startups wie Infinite Roots, traceless oder colipi, die haben im vergangenen Jahr mehrere zehn Millionen Euro an privatem Kapital ein- gesammelt und bringen grüne Technologien in den Markt. Das macht uns stolz. Als oberster Hochschulmanager sind von Ihnen Fähigkeiten gefragt, die von einem Wissenschaftler nicht unbedingt verlangt werden. Wie haben Sie sich darauf eingestellt? Die beiden Aufgaben verlangen schon unterschiedliche Qualifikationen. Als Wissenschaftler arbeitet man sehr tief inhaltlich, ist der Experte und führt ein hochmotiviertes Team mit Ideen, Visionen und Zielen. In der Universitätsleitung sind die Themen viel breiter, die Mitarbeitenden haben sehr unterschiedliche Hintergründe und viel Erfahrung. Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume zu erkennen und zu nutzen, das Führen einer großen Organisation zu erlernen, wa- ren große Änderungen. Ich habe aber gelernt, wie groß die Gestaltungsspiel- räume sind und sie zu nutzen. Und ich wollte gestalten, die Universität weiter- entwickeln: Wir wollen ein Exzellenz- cluster, wir wollten die UN University, wir wollen die zweite Wachstumsphase gestalten. Wir wollen Antworten auf die Fragen der Gesellschaft finden. Was ist das Herausforderndste an dieser Tätigkeit? Den Weg zwischen Moderieren, Fördern, Fordern und Führen zu fin- den, dabei die Interessen der TU und der einzelnen gegeneinander abzu- wägen und dabei fair zu bleiben. Alle haben Eigeninteressen, die in unter- schiedlicher Intensität ans Präsidium herangetragen werden, da muss man priorisieren und entscheiden, zum Wohle der TU. Man darf nicht jedem Trend hinterherlaufen, sondern muss auch den Idealen treu bleiben: Offen- heit, Toleranz, globale Zusammen- arbeit. Haben Sie Angst, zu scheitern? Nein, aber nicht probieren, heißt hundertprozentig scheitern. Kleinere Misserfolge gehören zum Amt dazu. Das passiert immer mal wieder, gera- de wenn viel bewegt wird. Das ist kein Scheitern. Aber wenn man nicht an ein Ziel glaubt, kann man auch nicht erfolg- reich sein. Man muss aufpassen, das Team auch mitzunehmen. Und vorm Scheitern bewahrt dieses Team, und eine gewisse Hartnäckigkeit – immer dranbleiben und nachfassen. Als wir in der zweiten Wachstumsphase auf die Mittel warteten, gab es Momente, in denen man hätte sagen können, dann eben nicht. Aber wir haben nicht auf- gegeben und waren erfolgreich. 3 8