M E N S C H E N denn wir wollen neue Ideen umsetzen, bevorzugen aber immer die, die wir schon kennen. Diesen Effekt nennen wir „Familiarity“. Genauso ist es mit sozialer Ähnlichkeit: Es wird Ideen Vorrang gegeben, die von Leuten derselben hierarchischen Stufe kommen. Und schließlich ist es immer so, dass Menschen die zuletzt vorgestellte Idee präferieren und die zuerst präsentierte ablehnen. Auch so können Ver- zerrungen entstehen. Jeder Bewertungsprozess ist komplex und kann von intuitiven Kriterien abhängen. Wir können hinterher auch nur sehen, wie gut die Ideen sind, die im- plementiert worden sind. Wir wissen nicht, wie sich die aussortierten Ideen ausgewirkt hätten. Man sieht also, dass Ideenbewertung ein schwieriger Prozess ist, für den wir ge- eignete Methoden nutzen müssen, um solche Verzerrungen zu vermeiden. Häufig möchte man für bestehende Probleme Lö- sungen entwickeln. Kann man Kreativprozesse in eine bestimmte Richtung lenken? Das geht schon, denn man trägt immer ein kontextbezoge- nes Problemwissen in sich, ein Nutzungswissen, das fragt, was ich erreichen will. Hinzu kommt das technologische Wissen, das man besitzt, um ein Problem zu lösen. Wenn man diese beiden miteinander kombiniert, dann entste- hen daraus Ideen. So kann ich starten und ein Bedürfnis definieren: Wie generiere ich Ideen, um ein Problem zu lösen? Ich kann aber auch anders herangehen: Ich suche für eine bestimmte Technologie, die ich bereits nutze, ein Problem, das ich lösen kann. Das klingt etwas umständlich, aber nehmen wir als Beispiel, ich wäre ein Hersteller von Lasertechnologie in der Blechfertigung. Die Frage wäre, wo ich sie noch gewinnbringend einsetze, weil ich sie gut beherrsche und über Kernkompetenzen verfüge. Sie haben für eine Studie den Zusammenhang zwischen Arbeitsunterbrechungen während des laufenden Betriebs und Kreativität untersucht. Wir haben uns gefragt, wie Menschen quasi „freie Zeit“ zum Beispiel durch eine Arbeitsunterbrechung an ihrem Arbeitsplatz nutzen. Denn letztlich geht es im Bereich Or- ganizational Design darum, das Arbeitsumfeld so zu ge- stalten, dass die Mitarbeitenden kreativ sein können. Wir wollten für diese Studie wissen, welche Arten von freier Zeit 2 4 „Wenn man nach der Arbeit Auto oder Fahrrad fährt, das sind keine sehr anstrengen- den Tätigkeiten und die Arbeit schwingt dabei gedanklich nach. Da können gute Ideen entstehen.“ überhaupt zu Kreativität führen. Das haben wir in einem echten Fall bei einem Konsumgüterhersteller so vorgefun- den. Er hatte Probleme mit einem Zulieferer, wodurch es zu einer längeren Arbeitsunterbrechung kam. Wir nennen das ein natürliches Experiment, weil es zusätzlich noch die Kontrollgruppe gab, bei der die Arbeit nicht unterbrochen wurde. Ergebnis war: In der Treatmentgruppe, die spontan Zeit hatte, entstanden mehr und bessere Ideen als in der anderen Gruppe. Trifft das auch für geplante freie Zeit zu? Sie führt nicht zu mehr Kreativität und Ideen. Das erklären wir so, dass in dem ursprünglichen Experiment der sponta- ne kognitive Freiraum genutzt wurde, um über viele Dinge