M E N S C H E N Ein Gespräch über Qubits, Wellen und Quantencomputing, die Lei- denschaft für das Forschungsfeld und Möglichkeiten künftiger Anwendungen. Q Quantencomputing ist eine komplizierte Materie. Mit wie vielen Menschen können Sie sich über Ihr Themenfeld austauschen? Ach, das sind inzwischen mindestens ein paar Tausend. Das Arbeitsfeld ist in letzter Zeit stark gewachsen. Ein Quantencomputer wird gern als PC mit Superantrieb beschrieben, der unvorstellbar viele Rechenprozesse parallel ausführen kann. Können Sie erklären, wie er das macht? Eigentlich braucht es nur drei Zutaten, um zu verstehen, wie ein Quantencomputer funktioniert. Man benötigt Qubits, Quantengatter und muss am Ende die Rechenvorgänge auslesen können. Das müssen Sie genauer erklären. Traditionell wird mit Bits gerechnet. Ein Bit ist ein System, das sich in zwei unterschiedlichen Zuständen befinden kann, meist durch 0 und 1 bezeichnet. Das ist die kleinste übliche Informationseinheit. Im Quantencomputing rechnet man mit Qubits anstelle von Bits. Hier können die klassi- schen Zustände 0 und 1 überlagert werden. Manchmal wird gesagt, dass sich ein Qubit dann gleichzeitig in beiden Zu- ständen befindet. Das ist etwas unpräzise. Genauer gesagt ist es so, wie beispielsweise eine Gitarrensaite gleichzeitig in mehreren bestimmten Frequenzen schwingen kann, die sich einfach überlagern. Und wie sieht das konkret beim Quantencomputing aus? Die Überlagerungen kann man mit dem sogenannten Dop- pelspaltexperiment sichtbar machen. Wenn man Elektronen durch einen Doppelspalt auf einen Schirm schickt, würde man ein Teilchenbild erwarten, bei dem sich hinter jeder Spalte ein heller Fleck bildet. Tatsächlich aber beobachtet man ein Streifenmuster. Dieses Muster sieht genauso aus, wie man es bei Wellen sieht, die auf den Doppelspalt ge- schickt werden. Kurz gesagt, breiten sich quantenmecha- nische Teilchen wellenartig aus und verhalten sich beim Aufspüren aber wie Teilchen. Und Quantengatter sind gezielte Manipulationen von meist ein oder zwei Qubits. Durch Kombination vieler Quantengatter können bestimm- te Rechnungen parallel durchgeführt werden, was man für einen „Quantum-speed-up“ ausnutzen kann: also für eine schnellere Rechengeschwindigkeit als beim traditionellen Rechnen. Gelten Quantencomputer nicht noch als Seltenheit? Das hängt davon ab, wie man einen Quantencomputer definiert. Ich könnte argumentieren, dass ich bereits einen kleinen Quantencomputer habe, wenn ich mit einem ein- zigen Qubit beliebig arbeiten kann. Dann gäbe es sehr viele Quantencomputer. Wenn ich immer höhere Qubitzahlen und Rechengenauigkeit fordere, gibt es aber immer weniger Quantencomputer, die das leisten können. Wie funktioniert denn die Hardware in diesem Fall? Der Zuse Z3, der erste klassische Computer, den Konrad Zuse 1938 in Berlin konstruiert hat, basierte auf elektrischen Relais. Damals war nicht abzusehen, dass wir irgendwann einmal mit Mikrochips arbeiten. So ist es beim Quanten- computing auch. Wir können noch nicht sagen, welche Plattform sich durchsetzen wird. Es gibt Modelle, die mit quantenmechanischen elektrischen Strömen arbeiten, so- genannte „superconducting Qubits“, daneben existieren Ionenfallencomputer, in denen Ionen mit elektromagneti- schen Feldern gefangen sind und manipuliert werden, und es gibt noch eine Reihe weiterer Plattformen. 3 5