Ist Wissen von Natur aus schön?Versuchte Nähe: Über das heikle Verhältnis von Wissenschaft und KunstEin ZEIT-Gespräch mit Horst Bredekamp und Jochen Brüning vom 1.3.2001
Die Komplexität der Welt kann nicht allein wissenschaftlich gefasst werden,
zumal die wissenschaftliche Methodik nur greift bei Prozessen oder Strukturen, die sich wiederholen.
BREDEKAMP: Jede kulturelle Bewegung äußert sich als Pendelschlag. Nach der Euphorie des "Immateriellen" und des so genannten Virtuellen nimmt die Wertschätzung der unver-stellten Objekte zu; das Pendel schwingt zurück. Es gibt eine erneute Faszination der Wahrnehmung und ihrer Probleme, eine neue Aufmerksamkeit für die Dinge - auch für die Objekte der Technik und der Wissenschaft.
BRÜNING:... Die Wissenschaft drängt von sich aus zur Anschauung, und der Betrachter drängt zum Verstehen. Helmholtz hat das einmal so ausgedrückt: Es kommt bei der Einsicht in abstrakte wissenschaftliche Zusammenhänge nicht so sehr auf eine besondere Vorbildung an, sondern nur darauf, die Aufmerksamkeit durch geeignete Mittel passend zu lenken. Die "passende Lenkung" der Aufmerksamkeit ist aber im Kern eine ästhetische Aufgabe, die die Forschung begleitet.