Cyber Physical & Medical Systems

Sicheres Internet – sparsames Fliegen

Forscher*innen  Prof. Arne Jacob

                          M.Sc. Kevin Erkelenz

                          M.Sc. Noah Sielck

Neuartige Antennen sind in der Lage, aus einem Flugzeug heraus eine Verbindung zu einem Satelliten aufzubauen und während des Fluges zu halten. Durch ihre extrem flache Bauweise kann mit dem Einbau in die Außenhaut des Fliegers gegenüber herkömmlichen Lösungen eine deutliche Menge an Treibstoff eingespart werden.

Bei genauem Hinsehen weisen Flugzeuge einen Buckel oben auf dem Rumpf auf. Unter dieser Ausbuchtung verbergen sich die Antennen für die Kommunikation über die Satelliten im All. Radom heißt diese Schutzhülle. Satelliten vom Flugzeug aus zu benutzen, ist keine leichte Sache, da sich das Flugzeug bewegt und trotzdem den Kontakt zum Satelliten aufrechterhalten muss. Bislang geschieht das mit Antennen, die mechanisch nachgeführt werden. Das erfolgt wie bei beweglichen Satellitenantennen, deren runde Schüsseln millionenfach an Häusern installiert sind, um Radio- und Fernsehsender zu empfangen. Am Institut für Hochfrequenztechnik (IHF) der TU Hamburg geht man nun neue Wege und forscht an dem Antennenprojekt BANG (Broadband in Aviation - Next Generation), das mit Unterstützung des Unternehmens Lufthansa Technik entsteht. Der betreuende Professor Arne Jacob erklärt, wie es funktioniert: „Wir bauen die Antennen aus vielen sehr flachen Einzelantennen auf. Eine modulare Bauweise der Antenne ermöglicht den Austausch einzelner Module und vereinfacht die Wartung.“

Schnelles Internet beim Fliegen

Künftig soll es mit ihnen möglich sein, während eines Fluges zu telefonieren und online zu sein. „Das erfolgt an Bord über elektromagnetische Wellen, und zwar bei Frequenzen von einigen zehn Gigahertz, bei denen die Wellen nicht sichtbar sind“, so Prof. Jacob. „Die Aufgabe von Antennen ist es, diese Wellen zu bündeln. Das kann man sich wie den Strahl einer Taschenlampe vorstellen. Und dieser Strahl - man spricht hier auch von Antennenkeule - wird jetzt nicht mehr mechanisch, sondern elektronisch auf den Satelliten gerichtet.“ Solche Antennen (Phased Array) haben nichts mehr mit dem Aussehen herkömmlicher Antennen gemeinsam. Sie bestehen aus vielen kleinen Einzelantennen, die wiederum zu Modulen von etwa einem Zentimeter Stärke zusammengebaut werden. Und sie funktionieren auch völlig anders: Jede dieser kleinen Antennen sendet oder empfängt das gleiche Signal, allerdings mit einer winzigen Zeitverzögerung zu ihren Nachbarn. Diese Zeitverzögerung wird nun so eingestellt, dass sich die Wellen in der gewünschten Richtung konstruktiv überlagern. Weil dies elektronisch geschieht, kann die so erzeugte Antennenkeule schnell und flexibel nachgeführt werden. Ein kontinuierliches Senden und Empfangen ist nun möglich, ohne dass die Antenne mechanisch bewegt wird.

Neue Technik spart Treibstoff

„Demnächst wollen wir erste Messungen an unserem Demonstrator beim Projektpartner Lufthansa Technik durchführen“, sagt Prof. Jacob. Der Demonstrator ist noch deutlich kleiner als die echte Antenne, die einmal im Flugzeug verbaut werden soll. Er besteht zunächst nur aus einem einzigen fünf mal fünf Zentimeter großen Modul. Insgesamt wird aber die gesamte elektronische Antenne nicht größer als 0,25 Quadratmeter sein und besonders flach – so dass der Buckel oben auf der Außenhaut des Flugzeugs am Ende nicht mehr 35, sondern nur noch wenige Zentimeter hoch ist. Das klingt nicht viel, bedeutet aber für ein Flugzeug einen erheblich geringeren Luftwiderstand. Und somit einen deutlich geringeren Treibstoffverbrauch. Mit dem gleichen Ziel sollen die Sende- und Empfangsantenne in eine Apertur integriert werden, um Grundfläche und Gewicht zu reduzieren. Für das Demonstrator-Modul heißt das, dass acht seiner Antennenelemente senden und empfangen können und acht weitere nur senden. Der modulare Aufbau macht den Betrieb der Antennen auch sicherer. Die bislang häufige Aussage: „Ich habe leider gerade keinen Empfang“ dürfte es mit elektronisch gesteuerten Antennen im Flugzeug nicht mehr geben.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Website des Instituts für Hochfrequenztechnik
 

 


Wetterstation für Artenvielfalt

Forscher*innen  Prof. Alexander Kölpin

                          Lukas Reinhold, M.Sc.

Institut               Hochfrequenztechnik

Dekanat             Elektrotechnik, Informatik und Mathematik (E)

Mithilfe von Teststationen sollen die Lebensgewohnheiten von Tieren gemessen werden, um so mehr und genauere Informationen über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschen und ihre Umgebung sammeln zu können. Ziel ist es, die Lebensentwicklung auf unserem Planeten besser modellieren zu können.

 

Das Klima wandelt sich, da ist die Wissenschaft sich einig. Doch was heißt das für das Leben auf der Erde? Es gibt zwar sehr gute Modelle für die Entwicklung des Klimas, die aus Messwerten von unzähligen Wetterstationen abgeleitet werden, ein vergleichbares Modell der Biodiversitätsentwicklung aber fehlt. Schon jetzt ist beispielsweise klar, dass in Deutschland ein Großteil der Biomasse an Insekten in den letzten 20 Jahren verschwunden ist. Das ist für viele andere Tiere problematisch, denn Insekten bilden die Lebensgrundlage und Nahrung für viele Vögel, Amphibien und Reptilien. Darüber hinaus tragen sie maßgeblich über die Bestäubung zur Fruchtausbildung von Pflanzen bei, die ebenfalls Nahrungsgrundlage vieler Tiere und letztendlich des Menschen sind. Biodiversität geht uns also alle an. Und es zeigt sich, dass bis jetzt viel zu wenig über die Zusammenhänge des Lebens bekannt ist.

 

Sensoren verarbeiten gemessene Daten

Wissenschaftlich gelöst werden soll das Problem mithilfe des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Vorhabens „AMMOD – Automatisierte Multisensor-Station für das Monitoring von Biodiversität“. Ein Zusammenschluss mehrerer Partner mit unterschiedlichsten Aufgaben. Für die Technische Universität Hamburg koordiniert das Institut für Hochfrequenztechnik (IHF) deutschlandweit die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die Basisstation solcher AMMOD-Standorte. Diese Standorte können sich in Städten oder belebten Regionen befinden, werden aber oftmals in freier Natur, fernab von jeglicher Zivilisation aufgestellt. „Die Basisstation dient als Zentraleinheit an jedem lokalen Standort. An sie werden sämtliche Sensoren angeschlossen, sie verarbeitet die Messdaten, stellt die elektrische Energie bereit und baut eine Anbindung an eine zentrale Cloud auf“, erklärt Lukas Reinhold, der das Projekt für das IHF verantwortlich betreut. Er führt aus: „Diese Cloudanbindung wird über Mobilfunk realisiert. Problematisch dabei ist, dass häufig an abgelegenen Standorten mit schlechter Netzabdeckung gerechnet werden muss“. Hierfür werden am IHF Lösungsmöglichkeiten in Form von Multiband-Modems, dynamischer Lastverteilung, adaptiven Antennen und energieeffizientem Betriebskonzept untersucht.

 

Insekten, Pollen und Sporen sammeln

Koordiniert wird das Gesamtvorhaben vom Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere/ Zoologisches Forschungsmuseum Alexander König in Bonn. Hier ist man auf die genetische Identifikation von Insekten spezialisiert, dem so genannten Metabarcoding. Dafür werden Insekten mithilfe von automatisierten Käferfallen an den Teststandorten gesammelt. Daneben werden auch Pollen und Sporen automatisiert erfasst und pflanzliche Gerüche mit einer künstlichen Nase klassifiziert. Tiere werden gefilmt, Tierstimmen aufgenommen und klassifiziert. Alle gesammelten Daten werden zusammen mit Metadaten, wie dem lokalen Wetter, in einer Datenbank zusammengeführt, die eine strukturierte Auswertung und Fusion der Sensorinformationen erlaubt.

 

AMMOD ist eine erste Machbarkeitsstudie, die an drei Teststandorten in Bonn, bei Berlin und in Hamburg ihre grundsätzliche Funktion beweisen soll. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die gesteckten Ziele, ein automatisiertes Erfassen und Klassifizieren von Biodiversität für die als Marker ausgewählten Tiere erfolgreich erreicht werden können. Das AMMOD-Konzept bietet die Basis für ein flächendeckendes Monitoring-Netzwerk für Biodiversität in Deutschland, Europa und international.

 

AMMOD-Station im Melbgarten, Bonn. Zu sehen ist die Basisstation in Form eines Installationsschrankes und ein Mast mit einer Kamera. Die anderen Sensoren werden per Funk oder Kabel an die Basisstation angebunden

Berührungslos Epilepsie erkennen

Steckbrief

Forscher*innen     Prof. Alexander Kölpin

Laufzeit                12-2019 – 11-2022

Institute                Hochfrequenztechnik

Dekanat                Elektrotechnik, Informatik und Mathematik (EIM)

Epilepsie ist eine Regulierungsstörung des Gehirns. Wird sie nicht behandelt, äußert sie sich bei Erwachsenen zum Beispiel in Form von Krampfanfällen oder sogar Bewusstlosigkeit. Bei Neugeborenen und Kleinkindern wird Epilepsie jedoch häufig übersehen, weil sie keine Krämpfe zeigen, und kann daher tödlich enden.

Epilepsieforschung erfolgt in der Regel nur an spezialisierten Zentren. Dabei werden Hirnströme mithilfe eines EEGs (Elektroenzephalographie) gemessen und analysiert. Dies kann nur über kurze Zeiträume von wenigen Stunden stattfinden und schränkt die Personen während der Messungen sehr stark ein, da sie verkabelt sind und sich nicht bewegen dürfen. Außerdem stellt sich die Frage, wie aussagekräftig die Messungen sind, da nicht unter realen, sondern nur unter künstlichen Bedingungen und über kurze Zeit gemessen wird.

Gefahr frühzeitig erkennen

Deshalb untersucht Prof. Alexander Kölpin vom Institut für Hochfrequenztechnik (IHF) der Technischen Universität Hamburg im Rahmen des öffentlichen Förderprojekts BrainEpP ein Verfahren, das bei jungen Erwachsenen, Kleinkindern und sogar bei Frühgeborenen berührungslos und kontinuierlich ein Monitoring der Herzkreislauffunktionen ermöglicht. Aus den gemessenen Parametern kann auf die Aktivierung des autonomen Nervensystems geschlossen werden. Es wird von zwei Systemen mit gegensätzlicher Wirkung gesteuert: dem Sympathikus und dem Parasympathikus. Zusammen regulieren sie lebenswichtige Körperfunktionen wie die Atmung, den Herzschlag oder die Verdauung. Die Feinstruktur extrahierter Herzsignale gibt darüber Aufschluss, wie gut diese Regulierung erfolgt. Hieraus lassen sich nicht nur epileptische Anfälle ohne EEG schätzen, es sollen auch schon vor einem Anfall beginnende Störungen erkannt werden. Bei einem solchen Alarm könnte der Anfall medikamentös unterdrückt und die Lebensqualität vieler Betroffener erhöht sowie das Risiko des Versterbens bei einem Anfall reduziert werden. Denn, man vermutet, dass bis zu 20 Prozent aller so bezeichneten plötzlichen Kindstode mit einem unerkannten epileptischen Leiden zusammenhängen.

Kleinste Vibrationen messen

Das Monitoring geschieht ohne jegliche Berührung aus kurzer Entfernung bis zu einem Meter durch Kleidung oder Bettdecke hindurch. Dabei kommt ein so genanntes Hochfrequenzinterferometer zum Einsatz, das mit minimalster Leistung elektromagnetische Wellen sendet, die an der Körperoberfläche reflektiert und vom Sensor empfangen werden. Hieraus lassen sich kleinste Vibrationen der Körperoberfläche von nur wenigen Mikrometern Auslenkung erfassen, wie sie von Herzschlag und Atmung hervorgerufen werden. Diese Distanzmessdaten können kontinuierlich erfasst und mit Hilfe von Maschinellem Lernen automatisiert segmentiert und klassifiziert werden. Das Projekt BrainEpP sucht dabei in den Messdaten nach spezifischen Markern, also messbaren Indikatoren, für einen bevorstehenden epileptischen Anfall.

Das berührungslose Erfassen von Vitaldaten erlaubt somit ein kontinuierliches Monitoring vulnerabler Personengruppen, ohne deren Lebensqualität einzuschränken. Medizinische Veränderungen können damit frühzeitig erkannt werden, bevor gesundheitliche Krisen entstehen. Bei Kindern ist das umso wichtiger, weil die schwer zu erkennende Krankheit Epilepsie bei ihnen unbehandelt zum Tod führen kann.

Projektpartner im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt BrainEpP sind das Universitätsklinikum Erlangen sowie die Firmen Geratherm Respiratory, Silicon Radar, DeMeTec und Voigtmann

Weitere Informationen unter BrainEpP

Messkonzept für berührungslose Epilepsiediagnostik per Hochfrequenzinterferometrie